"Sparen schafft Wohlstand" ist auf einer Sparbüchse der Dresdner Bank aus dem Jahr 1949 zu lesen. Dafür winkten auch Konsumgüter wie der Fernseher, die Einrichtung und – natürlich – der VW Käfer.

Foto: Deutsches Historisches Museum

Wer dieser Tage das Deutsche Historische Museum betritt, der stößt sofort auf Schlagzeilen, die vielen Deutschen gefallen. "Deutschland wirtschaftet wie die Eichhörnchen", steht da als Zitat aus dem Manager Magazin von 2016. Man findet auch auf einem Sparkassenplakat von 1918 den Aufruf: "Sparer, seid beruhigt ...!"

Ähnliches haben Kanzlerin Angela Merkel und ihr damaliger Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) am 5. Oktober 2008 in einem gemeinsamen Statement versichert, um zu verhindern, dass die Deutschen – als das Weltfinanz- und Wirtschaftssystem am Abgrund stand – alle ihre Ersparnisse abhoben: "Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind." Ein Bild der beiden erinnert in der Ausstellung an diesen Tag.

Man sieht aber auch das Cover des Economist. Die britische Wochenzeitung brachte 2017 die internationale Kritik an der deutschen Sparwut auf den Punkt und titelte: "The German problem".

"Die Deutschen können gar nicht anders", sagt der Wirtschaftshistoriker Robert Muschalla, der die Ausstellung kuratiert, und lacht. Denn auch wenn die Deutschen gar nicht die höchsten Sparquoten der Welt hätten: " Nirgendwo sonst ist das Sparen so selbstverständlich und identitätsstiftend wie hierzulande." Und zwar völlig unabhängig von konjunkturellen Entwicklungen.

Kredite für Notzeiten

Woher diese "Tugend" kommt, zeigt nun erstmals eine Ausstellung in Berlin. Bitter für wirkliche Sparefrohs: Erfunden haben's nicht die Deutschen, sondern – ausgerechnet – die Italiener. Mitglieder des Franziskanerordens gründeten im 15. Jahrhundert Pfandleihkassen ("Monti di Pieta", "Berge der Barmherzigkeit"), um Bedürftigen in Notzeiten Kredite zu gewähren.

Die Idee der Armenfürsorge stand auch Pate, als in Hamburg im Jahr 1778 die erste Sparkasse "für fleissige Personen beyderley Geschlechts" gegründet wurde. "Schon damals war der Grundgedanke dahinter: Auch weniger betuchte Menschen, die sparen, geben ihr Geld nicht für Glücksspiel und Alkohol aus, man kann sie ins bürgerliche Dasein bringen", sagt Muschalla.

Im 19. Jahrhundert erkannten immer mehr Kommunen den Nutzen von Sparkassen nicht nur für die Armenfürsorge, sondern auch als Instrument zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben. Während der Industrialisierung erkannten auch die "Bosse", wie sie sich die Sparsamkeit ihrer Arbeiter zunutze machen konnten. Aus Angst vor Revolution gründete der Industrielle Alfred Krupp eine Sparkasse für seine Angestellten.

Der Gedanke dahinter: Wer Erspartes zu verlieren hat, ist weniger empfänglich für revolutionäre Ideen. "Frankreich machte Revolution, Deutschland machte Sparkasse", sagt Muschalla.

Erspartes in Kriegsanleihen

Auch als sie später, in den beiden Weltkriegen, kaum Geld hatten, die Deutschen blieben beim Sparen. Arbeiten und Sparen, diese beiden Tätigkeiten gingen stets Hand in Hand, wie die historischen Plakate in der Schau zeigen. Es galt nun schließlich, Kriegsanleihen zu zeichnen.

Nicht einmal Inflation und Abwertung der Sparvermögen durch Währungsreformen hielten die Bundesbürger davon ab. Muschalla: "Viele haben durch die Inflation alles verloren. Aber sie hörten nicht auf, zu sparen. Es ist zum Lebensstil geworden."

Bewerten will die Ausstellung das Sparen allerdings nicht. "Wir möchten zunächst mal auf die Motive für die deutsche Spartugend hinweisen. Und um sie beurteilen zu können, ist ein Blick in die Geschichte nötig", meint der Kurator. Ganz am Ende der Ausstellung kommen aber auch Kritiker zu Wort, etwa der Ökonom Marcel Fratzscher. "Sparen ist nicht immer die richtige Entscheidung", sagt er. In manchen Zeiten sollte der Staat besser investieren. (Birgit Baumann aus Berlin, 22.3.2018)