Bild nicht mehr verfügbar.

Das EU-Kanada-Abkommen Ceta trifft Hummer-Fischer aus Maine.

Foto: AP Photo/Robert F. Bukaty

Wien – Europas Stahlindustrie atmet auf. Sie ist von US-Zöllen vorerst ausgenommen. Doch Verhandlungen über die von Präsident Donald Trump erwarteten Zugeständnisse stehen erst am Anfang. Experten warnen, dass Brüssel durch eine Sonderabmachung das internationale Regelwerk der Welthandelsorganisation (WTO) untergraben könnte.

"Die EU sollte dieses Spiel nicht mitmachen", sagt Gabriel Felbermayr, Leiter des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft, im Gespräch mit dem STANDARD. "Die WTO bleibt geschwächt zurück. Mit einer bilateralen Vereinbarung treibt Trump einen Keil zwischen die anderen WTO-Mitglieder."

Das könnte mittelfristig teuer werden. Immerhin vier von fünf Euro macht der EU-Außenhandel mit anderen WTO-Ländern als den USA aus. Außerdem hat die EU mit keinem anderen Land so oft WTO-Dispute wie mit den USA. Sollte Brüssel nun Trump nachgeben, erteilt die größte Handelsmacht der Welt den Sanktus für illegale Schutzzölle gegen 130 andere Länder.

"Der Kollateralschaden ist groß", gibt der Ökonom zu bedenken: Viele der Betroffenen sind Entwicklungsländer, die sich nur schlecht wehren können. Wie das die künftige Entwicklung Afrikas beeinflusst, müsse die EU beschäftigen. Auch müsse ein Präzedenzfall verhindert werden. Mit der "nationalen Sicherheit" als offizielle Begründung für seine Schutzzölle habe Trump ein ganz neues Mittel in einen Handelskonflikt gebracht, das in dieser Form gegen die WTO-Regeln verstößt.

Allianz mit Unbequemen

"Die EU hat einen Fehler gemacht, aber noch ist es nicht zu spät", sagt Felbermayr. Brüssel müsse eine breite Allianz mit allen von den US-Zöllen Betroffenen sowie ausgenommenen WTO-Ländern suchen. Um kollektiven Druck aufzubauen, müsse die EU auch mit "Unbequemen" wie Peking oder Moskau kooperieren. "Aber immer im WTO-Rahmen", betont der Ökonom.

Dass in Fragen des geistigen Eigentums gerade China den Europäern ein Dorn im Auge ist, sei unbestritten. Auch in diesem Fall müsse man multilateral vorgehen. Sowohl die USA als auch die EU hätten viel von Chinas Öffnung und WTO-Mitgliedschaft profitiert.

Druck auf einzelne Länder

Der Versuch Washingtons, mit Druck auf einzelne Länder günstige Handelsbeziehungen zu erwirken, könnte auch abseits der WTO nach hinten losgehen, beschreibt Chad Brown vom Peterson Institute of International Economics. Als der Kongress in der Zwischenkriegszeit viele Zölle erhöht hatte, reagierten Handelspartner nicht nur mit Gegenzöllen. Noch härter traf US-Exporteure, dass ihnen der Zugang zu neu entstandenen Handelsblöcken verwehrt blieb. So senkte Großbritannien die Handelsbarrieren mit seinen Exkolonien, Japan forcierte eine Freihandelszone in Asien.

Auch Trumps Ausstieg aus der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) und das EU-Kanada-Abkommen Ceta treffen US-Produzenten. Japaner greifen zu australischem Rindfleisch, Europäer zu kanadischem Hummer. Die Fischer aus Maine und die Farmer aus Missouri haben das Nachsehen. Ob damit der innenpolitische Druck auf Trump steigt, bleibt ungewiss. "Populisten schaffen es immer, soziale Schieflagen auf irgendwelche Ausländer zu schieben", sagt Felbermayr. (Leopold Stefan, 24.3.2018)