Der Held von Trèbes: Arnaud Beltrame.

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"Das war mehr als Mut: Das war Selbstaufopferung", sagte ein Augenzeuge. "Er ist für uns gestorben", ergänzte eine Frau, die am Arbeitsort des verstorbenen Gendarmen Arnaud Beltrame in Carcassonne Blumen niederlegte. Frankreich war am Sonntag ergriffen und voller Bewunderung für den Mann, der wohl etlichen ihm unbekannten Menschen das Leben gerettet hatte.

Beltrame (45) hatte am Freitag am Einsatz gegen die Geiselnahme in Trèbes (Südfrankreich) teilgenommen. Der 25-jährige Radouane L. war nach einer terroristischen Amokfahrt in einen Supermarkt eingedrungen, hatte einen Angestellten und eine Kundin erschossen und Geiseln genommen – mit dem Ziel, den letzten noch lebenden Attentäter der Pariser Anschläge von 2015 (130 Tote), Saleh Abdeslam, freizupressen.

Teilnahme an Terrorübung

Nach mehrstündigen Verhandlungen bot Beltrame an, den Platz der letzten weiblichen Geisel einzunehmen. Später stürmten Elitepolizisten den Supermarkt, als der Geiselnehmer auf Beltrame feuerte und ihn lebensgefährlich verletzte. In der folgenden Nacht starb der Gendarm in einem Spital.

Der Gefahr war sich der Polizist bewusst, denn L. hatte zuvor schon drei Personen erschossen. Vor wenigen Wochen hatte Beltrame selbst an einer Polizeiübung teilgenommen – jetzt begab er sich in die Gewalt des selbsternannten "Soldaten" der Terrormiliz IS – mit eingeschaltetem Handy. Deshalb wusste die Polizei, was am Tatort vorging.

"Als Held gefallen"

Staatspräsident Emmanuel Macron ehrte den verstorbenen Ordnungshüter in einem langen Communiqué: Beltrame sei "als Held gefallen" und habe auf "auf hervorragende Weise seine militärischen Tugenden unter Beweis gestellt, die den Respekt und die Bewunderung der ganzen Nation verdienen".

Der Oberstleutnant der Gendarmerie – sie ist im Unterschied zur nationalen Polizei Teil der Armee – war Mitglied der Eliteeinheit GIGN und hatte im Irakkrieg für seinen Einsatz einen Verdienstorden erhalten. Erst seit kurzem standesamtlich getraut, wollte der praktizierende Katholik im Juni die kirchliche Hochzeit mit seiner Frau nachholen.

Ein Kollege sagte, er sei überhaupt nicht überrascht, dass Beltrame so gehandelt habe: "Arnaud war aufrecht, großzügig und humanistisch. Er hatte ein ausgeprägtes Pflichtbewusstsein und einen Sinn für den Dienst an der Öffentlichkeit. Er liebte das Leben – und zwar nicht nur sein eigenes."

Gefasste Reaktionen

Erschüttert über den Tod des selbstlosen Gendarmen, reagierte Frankreich zugleich sehr gefasst auf den Anschlag, der vier Todesopfer sowie über ein Dutzend Verletzte zur Folge hatte und mit der Erschießung des Täters durch die Polizei endete. Dass der Frankomarokkaner L. zwar wegen "Radikalisierung" registriert war, aber nicht überwacht wurde, sorgte kaum für Kritik: Fast allen Franzosen ist klar, dass die permanente Kontrolle aller 12.000 registrierten Gefährder schlicht nicht möglich ist. Front-National-Chefin Marine Le Pen warf der Regierung vor, das Leben der Bürger aufs Spiel zu setzen. Doch das blieb ohne Echo.

Am Sonntag waren die Freundin (18) und ein minderjähriger Freund (17) des selbsternannten Jihadisten in Haft.

In seinem Wohnviertel in Carcassonne war L., der wegen Drogenhandels einen Monat im Gefängnis war, kaum aufgefallen. In der lokalen Moschee fand ein Solidaritätstreffen mit den Opfern statt. Ein Mitarbeiter dort bedauerte, dass der Geheimdienst nie mitgeteilt hatte, dass sich L. für die IS-Ideologie interessierte. "Wir hätten ihn beobachten können." (Stefan Brändle aus Paris, 25.3.2018)