In der russischen Regierung wird über eine Steuererhöhung diskutiert. In den Blickpunkt des Kremls gerät hier vor allem die Einkommensteuer. Offenbar erwägt die Regierung, diese um zwei Prozent anzuheben. Daneben beriet das Kabinett von Premier Dmitri Medwedew auch über die Einführung einer Verkaufssteuer, die Abschaffung von Mehrwertsteuerermäßigungen auf sozial wichtige Güter oder eine generelle Anhebung der Mehrwertsteuer. Das Finanzministerium schlug zudem vor, den Exportzoll abzuschaffen und im Gegenzug die Bodenschatzsteuer anzuheben.

Für Letzteres fand er keine Mehrheit, die Erhöhung der Einkommensteuer hingegen scheint aktuell zu werden. Ein anonymer Teilnehmer der Sitzung erklärte, es wäre ein "Konsens erreicht". Laut dem Direktor des Instituts für Strategieplanung FBK, Igor Nikolajew, würde die Maßnahme dem russischen Haushalt jährlich zehn Milliarden Dollar bringen.

Steuerflucht bekämpfen

Derzeit ist die Einkommensteuer in Russland mit einem Basissatz von 13 Prozent im weltweiten Vergleich niedrig (dazu kommen Renten- und Sozialabgaben von 30 Prozent). Diese Einkommensteuer für alle Einkommensklassen wurde bereits in der ersten Amtsperiode Wladimir Putins unter der pragmatischen und vor allem damals sehr aktuellen Prämisse eingeführt, die Steuerflucht zu bekämpfen. In den 1990er-Jahren zahlten viele Betriebe ihren Mitarbeitern das Gehalt nämlich zum größten Teil schwarz aus, um Abgaben zu sparen.

Die Steuerreform gilt als einer der Erfolge Putins, der in seinen Anfangsjahren durchaus als Wirtschaftsreformer wahrgenommen wurde. Sie trug dazu bei, den Anteil der Schattenwirtschaft zurückzudrängen. Entsprechend warnt Finam-Analyst Alexej Korenjew, dass mit der Anhebung der Steuern Betriebe wieder zum alten Modell der Gehälter im Briefumschlag übergehen könnten. Die Auswirkungen der Steuererhöhung auf Unternehmen sei "nicht kritisch. Auf die Einzelhandelspreise wirkt sich die Neuerung aber wohl leicht negativ aus."

"Kein Fetisch"

Vizepremier Arkadi Dworkowitsch hingegen nannte eine Erhöhung um zwei Prozent "nicht schlimm". Die Zahl 13 sei "kein Fetisch, sie unterscheidet sich durch nichts von 14 oder 15 Prozent". Wenn die zusätzlichen Einnahmen in die Gesundheitsversorgung investiert würden, sei das für alle gut, erklärte der Regierungsbeamte. Die endgültige Entscheidung darüber treffe der Präsident.

Die Steuererhöhung soll offenbar dazu dienen, Putins Wahlversprechen zu finanzieren. Kurz vor der Wahl hatte Putin Milliardeninvestitionen in Gesundheit, Infrastruktur und Städtebau versprochen. Allein für den Straßenbau kündigte er umgerechnet 160 Milliarden Euro in den nächsten sechs Jahren an. Insgesamt kostet das Konjunkturprogramm laut Berechnungen der Rosbank rund 300 Milliarden Euro. Auch das Rüstungsprogramm und die Auslandseinsätze der Streitkräfte fordern Geld. Ganz nebenbei sprach Putin von der Einführung eines neuen "stabilen Steuersystems". (Andre Ballin aus Moskau, 26.3.2018)