Weil es in Österreich an Köchen aus EU-Ländern mangelt, setzen Hoteliers auf Drittstaaten.

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St. Johann / Pongau – Fast hatte es den Anschein, als würde dem Tourismus in Österreich der Erfolg zum Verhängnis. Weil die Branche selbst in Zeiten von Finanzkrise und konjunktureller Depression expandierte, war immer öfter von einem sich zuspitzenden Engpass bei Fachkräften die Rede, insbesondere bei Köchen und Kellnern. Nun gibt es erstmals Anzeichen, dass die von Branchenvertretern propagierte Hilfe zur Selbsthilfe greift: Die Zahl der Lehrlinge steigt wieder.

2017 haben österreichweit 3238 Mädchen und Burschen eine Lehre in einem Tourismusberuf begonnen, das waren um 7,6 Prozent mehr als im Jahr davor. Über alle drei Lehrjahre hinweg wurden 8905 Personen gezählt, das war um ein Prozent mehr als im Jahr davor. Etwa jeder vierte Lehrling in Österreich wird für eine Karriere in Hotellerie oder Gastronomie ausgebildet. Allerdings ist auch die Drop-out-Rate unter Lehrlingen im Tourismus höher als in anderen Branchen. Standen beispielsweise in Produktionsbetrieben nach zwölf Monaten noch 94 von 100 in einem Lehrverhältnis, waren es auf dem Bau 91 und im Handel 90, im Tourismus aber nur 79.

Petra Nocker-Schwarzenbacher, oberste Touristikerin in der Wirtschaftskammer, sieht die Arbeitsmarktsituation denn auch weiter kritisch. "Unsere Mitgliedsbetriebe nutzen die gute Konjunktur, expandieren und schaffen Jahr für Jahr neue Arbeitsplätze. Diese zu besetzen wird aber immer schwieriger", sagte Nocker-Schwarzenbacher bei einem Seminar des Fachverbands Tourismus.

Fachkräfte gesucht

Laut einer Wifo-Studie im Auftrag des Arbeitsmarktservice (AMS) werden im Tourismus in den nächsten fünf Jahren zusätzlich 36.000 Jobs entstehen. "Das spricht für unsere Branche und zeigt den zunehmenden Stellenwert des Tourismus in Österreich." Es sei aber auch eine Herausforderung, die zusätzlich benötigten Mitarbeiter zu finden. In der Tat hat sich die Branche bemüht, den Personalmangel durch Eigeninitiative zu lindern. Die Österreichische Hoteliervereinigung hielt 2017 das zweite Mal in Folge einen "Tag der offenen Hoteltür" ab und will auch heuer einen ausrichten, um Pflichtschulabgängern Einblick in die touristische Arbeitswelt zu geben und den einen oder die andere dafür zu gewinnen.

Auch Jobbörsen wurden abgehalten, eine etwa in Wien – in Kooperation mit der Wirtschaftskammer und dem AMS. Der Erfolg sei überschaubar gewesen, 200 Einzelgespräche hätten letztlich zu zehn Arbeitsverhältnissen geführt, sagt Nocker-Schwarzenbacher und fordert einmal mehr vom Sozialministerium, die Mangelberufsliste um Köche und Kellner zu erweitern, indem die Stellenandrangszahl je Bundesland statt der österreichweiten herangezogen wird. Diese sagt aus, wie viele arbeitslose Fachkräfte auf eine ausgeschriebene Stelle kommen.

Regionales Gefälle

Tatsächlich stellt sich die Situation im Osten Österreichs komplett anders dar als im Westen. Wurde die Stellenandrangszahl in Wien zuletzt mit 4,8 errechnet, lag sie in Tirol und Salzburg bei 0,5, in Kärnten bei 2,0 und im Österreichschnitt bei 1,6. Voraussetzung, damit ein Beruf auf die Mängelliste kommt und Fachpersonal aus EU-Drittstaaten rekrutiert werden darf, ist eine Zahl von 1,5.

Martin Kocher, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), wies auf das vergleichsweise niedrige Durchschnittsalter der Beschäftigten im Tourismus hin, mit einer starken Ausprägung zwischen 19 und 29 Jahren, während das Durchschnittsalter in der Gesamtwirtschaft zwischen 49 und 55 liege. Tourismus sei also "attraktiv für Einsteiger". Und: Diese im Umgang mit Menschen und Stress geschulten Personen werden aber gerne von Dienstleistern wie Banken und Versicherungen abgeworben. (26.3.2018)