Die chronische Erkrankung ist für Betroffene oft mit sozialer Isolation verbunden.

Foto: wikipedia/Yannick Bammert/[cc;2.0;by]

Stechende Unterleibsschmerzen und Harndrang mit bis zu 60 Toilettengängen über Tag und Nacht: Die überwiegend weiblichen Patienten mit einer Interstitiellen Zystitis (IC) stehen unter enormem Leidensdruck. Häufig führt die Erkrankung in die soziale Isolation und in die Erwerbsunfähigkeit. Zudem ist das Krankheitsbild noch immer relativ unbekannt und die chronische Entzündung der Blasenwand bis heute schwer zu diagnostizieren.

Im Durchschnitt dauert es neun Jahre bis zur Diagnosestellung einer IC. Bei der Hälfte der Patienten sind mehr als 20 Arztbesuche notwendig bis ihr quälendes Leiden einen Namen bekommt. Deutsche Organisationen haben nun eine erste Leitlinie zur "Diagnostik und Therapie der Interstitiellen Zystitis (IC/BPS)" erstellt, sie erscheint in Kürze online.

Die Diagnose "Interstitielle Zystitis" wird nach oft jahrelanger Arzt-Odyssee schließlich zu 99 Prozent von Urologen gestellt. "Mit der interdisziplinären Leitlinie haben wir nun die Möglichkeit, über die Fachgebiete hinweg zu informieren, die Sensibilität der Ärzte für die IC in der Breite zu schärfen und die Versorgungsqualität zu optimieren", sagt Christian Wülfing von der Deutschen Gesellschaft für Urologie. Adressaten der Leitlinie sind vor allem Ärzte und Behandler der Fachrichtungen Urologie, Gynäkologie, Allgemeinmedizin, Schmerztherapie und Physiotherapie.

Symptome lindern

Heilbar ist die Interstitielle Zystitis nicht. Multimodale Therapien, u.a. medikamentöse Therapien, Blaseninstallationen und Schmerztherapie, können lediglich ein Fortschreiten der Erkrankung verhindern und Symptome lindern. Ursachen der IC, die mit Begleiterkrankungen wie Muskel- und Gelenkschmerzen, Migräne, depressiven Verstimmungen, Allergien, Dickdarm- und Magenproblemen einhergeht, sind nicht hinlänglich bekannt.

Beschrieben wird die Erkrankung als ein Immun- und Barrieredefekt im Gewebe der ableitenden Harnwege, im Besonderen der schützenden sogenannten GAG-Schicht der Harnblase, wodurch die Blasenwand vermehrt schädigenden Bestandteilen des Urins ausgesetzt ist und ein andauernder Entzündungsprozess ausgelöst werden kann. Schätzungen zufolge sind in Europa 18 von 100.000 Frauen betroffen, die Dunkelziffer gilt als sehr hoch. "Die erfolgreiche Implementierung der Leitlinie kann hier gegensteuern", sagt Wülfing.

Der Forschungsbedarf bleibt weiter hoch. "Um Therapieoptionen besser erforschen zu können, benötigen wir als nächsten Schritt einen wissenschaftlichen Konsens über die exakte Differenzierung der verschiedenen Ausprägungen der Erkrankung, der bei künftigen Studien eine genauere Patienten-Auswahl erlaubt", heißt es vom deutschen Förderverein für Interstitielle Zystitis. (red, 27.3.2018)