Am Dienstag kündigte die Serbische Liste – die wichtigste serbische Partei, die in der kosovarischen Regierung sitzt – den Rückzug aus dem Kabinett an. Der Bruch mit der kosovarischen Regierung ging schnell. Zweitens kündigte die Führung der Serbischen Liste an, den serbischen Gemeindeverband selbst zu schaffen, ohne die Hilfe von Prishtina. Der serbische Gemeindeverband wurde bereits 2013 beschlossen, aber niemals umgesetzt. Doch just am Montag, als Marko Đurić, der serbische Direktor für den Kosovo, in den Kosovo kam, sollte die Umsetzung von kosovarischer Seite aus beginnen. Doch dann wurde Đurić verhaftet.

Zurück in Serbien erschien er mit Verband um die Handgelenke bei der Pressekonferenz. Die Bildbotschaft sorgte in Serbien für emotionale Aufwallungen. Marko Đurić erzählte auch schreckliche Geschichten. So sei er von einem kosovarischen Polizisten mit einem Messer bedroht worden, ein anderer Polizist habe ihm eine Kalaschnikow gegen den Bauch gehalten. Bei der Verhaftung hätten die Polizisten "Allahu Akbar" gerufen. Er sei wie "ein Hund" gezogen worden, und man habe versucht, ihn und die serbische Nation zu demütigen. Er selbst sei aber stolz auf die Selbstverteidigung der Serben nach der Methode von Gandhi, sagte er.

Besuch nicht gestattet

Was war geschehen? Đurić wollte am Montag die nordkosovarische Stadt Mitrovica besuchen, um dort mit Bürgern den sogenannten internen Dialog über die Zukunft des Kosovo zu führen. Er hat – wie es die Vorschriften vorsehen – die kosovarische Regierung über seinen Besuch informiert. Die kosovarische Regierung hat den Besuch allerdings abgelehnt und nicht gestattet. Das ist übrigens bereits öfter geschehen – auch von der anderen Seite. Der früheren kosovarischen Staatspräsidentin Atifete Jahjaga wurde etwa 2017 die Einreise nach Serbien verwehrt.

Doch Đurić kündigte an, trotzdem einreisen zu wollen. Die kosovarische Regierung kündigte an, illegal Einreisende festzunehmen – wie es das Gesetz vorsieht. Doch Đurić kam nach Mitrovica. Daraufhin wurde er dort von der Sondereinheit festgenommen, nach Prishtina geführt und nach Erledigung der Formalitäten wieder an die Grenze zu Serbien zurückgebracht. Einige Kosovo-Serben wurden Medienberichten zufolge in Nordmitrovica im Rahmen der Verhaftung verletzt, weil sie versuchten, diese zu verhindern.

"Terroristenstaat"

Staatspräsident Aleksandar Vučić berief sofort eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats ein und telefonierte mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, den er so als Schutzmacht darstellte. Er sagte, dass die Startpositionen für den Dialog mit dem Kosovo nun "anders" seien. "Terroristen" hätten Đurić entführt, meinte er, "vielleicht weil Marko ihren Terroristenstaat nicht anerkannt hat", sagte er. Vučić kritisierte auch die EU-Mission Eulex. Denn die Sondereinheiten der kosovarischen Polizei, die Đurić festgenommen haben, wurden von Fahrzeugen der Eulex begleitet. Diese Kombination von Polizei und Eulex ist im Nordkosovo gang und gäbe. "Die albanischen Terroristen wollten die Macht, die sie haben, und die Unterstützung des Westens zeigen. Ich danke ihnen für diese Information", sagte Vučić, ganz in der Opferrolle. Er selbst habe sich jedoch geweigert, mit westlichen Diplomaten zu telefonieren.

"Den Norden des Kosovo okkupieren"

Schließlich sagte der Präsident laut der serbischen Internetseite B92, dass ihm die Frage, warum Serben schikaniert würden, von der Eulex nicht beantwortet wurde. "Es ist ja deren Job, den Norden des Kosovo zu okkupieren", meinte er offensichtlich sarkastisch. Doch weder die albanischen Terroristen noch der Westen könnte den Bürgern im Nordkosovo etwas anhaben, denn Serbien werde nicht erlauben, dass seine Leute zerstört würden.

Auch Đurić brachte nach dem Zwischenfall am Montag die territoriale Frage ins Spiel. Er sagte, die Aktionen der kosovarischen Polizei würden einen Versuch darstellen, vom von Serben bewohnten Norden des Kosovo "Besitz zu ergreifen". Das Gleiche sagte auch der Präsident der Serbischen Liste, Goran Rakić. Man kann die Aussagen der beiden Politiker auch so interpretieren, dass es ihnen selbst bei der Aktion darum ging zu signalisieren, dass der Nordkosovo in Zukunft bei Serbien bleiben soll.

Dialog infrage gestellt

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini begab sich umgehend nach Belgrad, doch der Dialog lief schon lange sehr schlecht und schleppend. Đurić erteilte einem weiteren Dialog mit Prishtina indirekt sogar eine Absage: "Ich denke, dass beide Seiten mit ihren Aktionen gezeigt haben, was sie über den Dialog denken", sagte er. Und Vučić meinte, es sei zwecklos, über den Dialog in Brüssel zu reden. (Adelheid Wölfl, 27.3.2018)