Spar Express zieht im Sommer bei Shell aus. Neuer Shoplieferant wird Rewe. Lange Ladenöffnungszeiten und zusätzliche Marktanteile reizen, Goldgruben sind Tankstellen für Händler dennoch nicht.

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Wien – Sie liegen an Hauptverkehrsadern, erlauben Parken vor der Haustür und sind bis zu 24 Stunden am Tag geöffnet. Auf dem Land ersetzen sie vielfach Greißler und Dorfwirte. Und ihr breites Sortiment von der Tiefkühlpizza über Äpfel bis hin zum frischen Semmerl spart den Weg in den Supermarkt. Tankstellen bieten Händlern abseits des engen Korsetts der Ladenöffnung Raum für Fantasie. Entsprechend hart ist der Wettbewerb um sie. In Österreich versucht hier nun Rewe über weite Strecken das Tempo vorzugeben.

Der Handelskonzern wird neuer Partner von Shell – und will künftig auch die Mineralölgruppe Doppler exklusiv beliefern, erfuhr Der Standard. Rewe bremst damit den Erzrivalen Spar scharf aus. Gelingt der Einstieg bei Doppler, könnte auch Kiennast den Kürzeren ziehen. Das niederösterreichische Handelshaus ist bei Österreichs größtem privaten Tankstellenbetreiber mit Nah-&-Frisch-Shops vertreten.

Keine Vertragsverlängerung

Rund vier Monate ist es her, seit Shell wissen ließ, dass der Vertrag mit Spar nicht mehr verlängert werde. Zu weit klafften die Vorstellungen der beiden Platzhirsche über das Geschäftsgebaren rund um die Zapfsäulen auseinander.

Spar wollte Preise wie in konventionellen Supermärkten, viele Tankstellenbetreiber fürchteten um ihre Erträge. Denn von Sprit allein können die Pächter aufgrund schmaler Margen schon lang nicht mehr leben. Verdienste bringt vor allem das Geschäft rund um den schnellen Hunger.

Ende August ist Spar Express bei Shell Geschichte. Neuer Lebensmittellieferant für knapp 50 Tankstellen des Ölkonzerns soll Rewe werden, die mit Billa und Merkur bereits bei Jet und BP insgesamt 261 Standorte mit ihrem Supermarktsortiment versorgt.

Harmonie in Gelb

Auf welche Preispolitik sich die Konzerne einigen wollen, ist offen. Harmonie signalisieren zumindest ihre Farben: Billa wie Shell pflegen bei ihren Standorten sattes Gelb. Rewe Österreich bestätigt auf Anfrage laufende Gespräche mit Shell, die dazu selbst vorerst nicht erreichbar war. "Es gibt aber noch keine unterzeichneten Verträge", sagt Konzernsprecherin Ines Schurin.

Bei Doppler ist Spar 48 Mal vertreten. Dem Vernehmen nach soll der Konzern auch hier Rewe weichen. Spar-Sprecherin Nicole Berkmann weist dies scharf zurück: Im Gegenteil, sagt sie, Spar werde bei den von Doppler betriebenen BP- und Turmöl-Shops expandieren. "Unser Vertrag mit Doppler läuft noch einige Jahre." Rewe führe derzeit keine Gespräche mit Doppler, betont Schurin. Julius Kiennast und Doppler-Chef Bernd Zierhut sprechen von bösen Gerüchten. "Wir sind mit beiden, Spar wie Kiennast, sehr zufrieden", sagt Zierhut.

Harte Konditionen

Seiner Erfahrung nach werde Spar jedoch weitere Tankstellenpartner brauchen, um das Geschäft nach der Trennung von Shell aufrechtzuerhalten. Zumal Konkurrent Rewe in der Sparte auch in Deutschland auf breiten Beinen steht: Der Konzern expandiert bei Aral großangelegt mit Rewe-to-go-Shops. Spekulationen, dass dieses Konzept auch über Österreich gestülpt wird, halten Marktkenner aber für weither geholt: Die Marke Rewe sei dafür hierzulande zu wenig etabliert.

Milch und Honig fließen bei Tankstellen für Lebensmittelhändler jedenfalls nicht. Mineralölmultis legen preislich harte Konditionen fest, die Margen sind für Pächter wie Händler in der Regel gering. Was Erstere reizt, sind zusätzliche Marktanteile auf dem ansonsten dichtbesetzten Markt – und der Verkauf rund um die Uhr. Doch beides wird teuer erkauft.

Doppler-Chef Bernd Zierhut: "Teurer Spaß"

Seit gut zehn Jahren drängen große Lebensmittelketten nun schon ins Geschäft, was die einst hohen Preise entlang der Straße deutlich nach unten drückte. Traditionelle Lieferanten, wie der Großhändler Lekkerland, der unter anderem Viva, die österreichische Shopmarke der OMV, versorgt, geraten ins Abseits. "Tankstellen sind gut beraten, sich an große Lebensmittelketten zu halten", ist Zierhut überzeugt, "sonst wird es für sie ein teurer Spaß." (Verena Kainrath, 28.3.2018)