Foto: Petra Eder
Foto: Petra Eder
Foto: Petra Eder

Pro
von Irene Brickner

Bei Frühjahrsspaziergängen durch den Lainzer Tiergarten in den 1970er-Jahren hing meine Mutter regelmäßig ihren Erinnerungen an harte Zeiten nach.

Wie man sie als Kind, während der großen Wirtschaftskrise, gezwungen habe, gesenkten Haupts durch den Wienerwald zu pirschen, auf der Suche nach den feinblättrigen Vitaminlieferanten, misstrauisch die zahlreichen anderen hungrigen Zeitgenossen beäugend, die sich gleichermaßen durchs Gebüsch schlugen.

Da standen wir, umwabert von feinem Knoblauchodeur, und bedauerten rückwirkend die armen Schlucker. Im Wald abseits der Spazierwege, wo der Bärlauch in Massen spross, zeigte sich derweil kein Mensch: In dieser Periode fortgesetzten wirtschaftlichen Aufschwungs war nahrungsbedingtes Grünzeugsammeln out.

Vielleicht dass man wegen der Esstischdekoration Schneeglöckchen pflücken ging (und davon mindestens fünf Zeckenbisse mitbrachte).

Diese Zeitläufte (und die Sache mit den Zecken) haben mich unwiderruflich geprägt. Mein Bärlauch-Rat lautet daher: Wenn schon, dann kaufe man ihn!

Kontra
von Christian Schachinger

1. Beim Roten Kreuz lernt man dank des regelmäßigen Tragens 150 Kilo schwerer Hypochonder spätestens nach dem ersten Bandscheibenvorfall, dass man sich niemals bücken soll, um etwas aufzuheben. Um das Kreuz zu schonen, muss man in die Knie gehen. Selbst wenn man gar keine 290 Kilo schweren und saulästigen Hypochonder stemmen muss, die niemals Trinkgeld geben, sondern sich zwischendurch nur die Schuhe bindet – was so ähnlich wie Heben ist, aber halt ohne etwas zu heben: immer in die Knie gehen!

2. Bärlauch ist gesund und verhütet Empfängnis.

3. Wer nicht Gefahr laufen will, dumm zu sterben, weil er den Bärlauch mit Blättern des Maiglöckchens oder der Herbstzeitlose verwechselt (in einer Salatschüssel bist du tot!), kann Bärlauch jetzt im Supermarkt kaufen.

4. Bei näherer Durchsicht des Kühlschranks ist mir neulich aufgefallen, dass ich noch zwei Gurkengläser voll mit Bärlauchpesto aus dem Vorjahr stehen habe. Selbstgebrockt und -gemacht. Das ist ja noch schöner! Beim Bärlauchkaufen muss man sich übrigens nicht bücken. (RONDO, 3.4.2018)