Perfekte Kugel, perfektes Kilo: Das voraussichtlich neue Maß der Dinge kommt aus Braunschweig und besteht aus hochreinem Siliziumkristall.

Braunschweig – Das Urkilogramm liegt seit 1889 in einem Pariser Tresor, doch es verliert langsam an Masse: Der Zylinder aus 90 Prozent Platin und zehn Prozent Iridium hat in 100 Jahren etwa 50 Mikrogramm abgenommen – wenig, aber zu viel, um noch als verlässliches Maß der Dinge zu gelten. Seit Jahren wird deshalb an Ersatz gearbeitet.

Der aussichtsreichste Kandidat kommt aus Braunschweig: Forscher der dortigen Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) legten bereits Prototypen in Form perfekter Kugeln vor. Sie bestehen aus istotopenangereichertem Silizium das es erlaubt, das Kilogramm über die genaue Bestimmung der Zahl der Atome erstmals nach einer Naturkonstante zu bestimmen.

"Wir errechnen die Anzahl der Atome in einer Kugel und erhalten über mathematische Gleichungen die Zahl der Atome pro Mol. Vereinfacht gesagt finden wir heraus, was ein Silizium-Atom wiegt und können im Umkehrschluss berechnen, wie viele Silizium-Atome für ein Kilogramm erforderlich sind", erklärte Ingo Busch von der PTB. "Das Mol ist der Mittler zwischen der atomaren Massenskala und dem Kilogramm."

Abstimmung im November

Über die Neudefinition des Kilogramms wird bei der 26. Generalkonferenz für Maß und Gewicht vom 13. bis 16. November dieses Jahres in Versailles abgestimmt. Es wird allgemein erwartet, dass die Siliziumkugeln den Zuschlag erhalten und im Frühjahr 2019 die Grundlage für die Neudefinition bilden werden.

In Braunschweig wurden bislang vier Kugeln mit einem Durchmesser von je 9,4 Zentimetern angefertigt, vier weitere sollen noch folgen. Als erster Staat hat nun Taiwan zugeschlagen und sich eine Kilokugel gesichert: für eine Million Euro. Um die weltweite Verbreitung des neuen Urkilogramms sicherzustellen, sollen aber auch günstigere Versionen von geringerer Qualität hergestellt werden, hieß es vom PTB. (dare, 29.3.2018)