Rom/Berlin – Über ein Jahr nach dem Anschlag auf einem Berliner Weihnachtsmarkt mit 12 Toten und 70 Verletzten hat die italienische Polizei am Donnerstag fünf mutmaßliche Kontaktleute des tunesischen Attentäters Anis Amri festgenommen. Vier der Festgenommenen sind Tunesier, der fünfte ist ein Palästinenser. Die Ermittlungen betrafen insgesamt 20 Personen, teilten die Ermittler am Donnerstag mit.

Zu den Verdächtigen zählt ein in der Stadt Latina südlich von Rom wohnhafter Tunesier, der Amri den Ermittlern zufolge gefälschte Ausweispapiere für seine Flucht besorgen wollte. Weitere Razzien gab es unter anderem in Rom, Caserta und Neapel. Die italienische Polizei wirft den Festgenommen "internationalen Terrorismus", Bildung einer kriminellen Vereinigung zur Urkundenfälschung und Beihilfe zur illegalen Einwanderung vor.

Nummern kontrolliert

Die vier Tunesier sollen hunderten Landsleuten mit gefälschten Dokumenten die Einreise nach Italien ermöglicht haben. Mit den gefälschten Ausweisen sollen die Tunesier nach Deutschland und Frankreich weitergereist sein. Der 38-jährige Palästinenser wird beschuldigt, im Internet fundamentalistische Propaganda betrieben und angeblich einen Anschlag zu planen. Er soll dabei aufgerufen haben, Ungläubigen "die Kehle und die Genitalien abzuschneiden". Er befand sich bereits wegen Drogendelikten in Rom in Haft.

"Wir haben verhindert, dass die Radikalisierungsphase der Festgenommenen in terroristische Aktivitäten entarten", sagte der ermittelnde römische Staatsanwalt Sergio Colaiocco. Es bestehe der Verdacht, dass die Festgenommenen einen Anschlag planten. Einer der verdächtigten Tunesier wollte Italien verlassen und in die Heimat zurückkehren.

Die Festnahmen sorgten für einen Eklat in Italien. Die ausländerfeindliche Lega bemängelte, dass Tunesien in den vergangenen Monaten 1.500 Kriminellen eine Amnestie gewährt habe. Viele von ihnen seien radikalisiert und könnten bereits in Italien gelandet sein, warnte der Lega-Vertreter Paolo Grimoldi.

"30.000 IS-Kämpfer" auf Sprung nach Europa

Der italienische Innenminister Marco Minniti warnte indes vor zunehmender Propaganda des Islamischen Staates (IS). Dabei sei Rom als symbolisches Ziel der Terrorkampagne im Visier, sagte der Innenminister im Interview mit der römischen Tageszeitung "La Repubblica" (Donnerstagsausgabe). Nach dem Zusammenbruch des Islamischen Staates seien bis zu 30.000 IS-Kämpfer bereit, nach Europa zurückzukehren, meinte Minniti. Sie könnten über das zentrale Mittelmeer nach Europa gelangen. Die Kontrolle der libyschen Grenze sei daher eine Priorität für Italiens nationale Sicherheit.

Auch Italiens Anti-Terror-Oberstaatsanwalt, Federico Cafiero de Raho, warnte vor der Gefahr einer Einreise von IS-Kämpfern nach Italien. Es gebe wegen des Vatikans eine große Anschlaggefahr, sagte er mit Blick auf das Zentrum der römisch-katholischen Kirche.

Sorge zu Ostern

Die Polizei in Rom hat schärfste Sicherheitsvorkehrungen in der Ewigen Stadt in dieser Osterwoche angekündigt. Die Exekutive plant strenge Sicherheitsmaßnahmen auf Flughäfen, Bahnhöfen und rund um den Vatikan. Auch auf Spürhunde und Videoanlagen will die Polizei verstärkt zurückgreifen, um einen reibungslosen Verlauf der Osterfeierlichkeiten zu garantieren. Tausende Carabinieri, Polizisten und Soldaten sollen in Rom eingesetzt werden, um die U-Bahn-Stationen zu kontrollieren. Sie sollen insbesondere rund um das Kolosseum eingesetzt werden, wo Papst Franziskus am Karfreitagabend mit mehreren Zehntausend Menschen den Kreuzweg betet. Dort wurde eine weite Sperrzone angelegt.

Der Vatikan verschärfte ebenfalls die Sicherheitsmaßnahmen, um Anschlägen vorzubeugen. Auch tagsüber sollen die Kontrollen auf dem Petersplatz verstärkt werden. Die Zahl der Polizisten in Zivil, die den Platz bewachen, wird erhöht. Die Kontrollen an den Eingängen der Peterskirche anlässlich religiöser Zeremonien würden noch gründlicher sein, berichteten italienische Medien. (APA, 29.3.2018)