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Der Champagner sei ausschließlich von den Franzosen – etwa von Marine Le Pen – bestellt worden, sagt der FPÖ-EU-Abgeordnete Harald Vilimsky.

Foto: Reuters / Benoit Tessier

Straßburg – Ein Vorfall mutmaßlicher Geldverschwendung in den Reihen der rechten EU-Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) sorgt für Aufregung. Der Haushaltskontrollausschuss des EU-Parlaments hatte die Fraktion, der neben der österreichischen FPÖ auch Marine Le Pens Front National, die italienische Lega sowie die Partei für die Freiheit (PVV) von Geert Wilders angehören, in einem Bericht über Ausgaben im Budgetjahr 2016 gerügt.

Das EU-Parlament könnte demnach rund 427.000 Euro von der ENF-Fraktion zurückfordern, da Gelder für "unangemessene" Zwecke ausgegeben worden seien. Bei den anderen Fraktionen habe es keine Beanstandungen gegeben, lediglich von der ENF-Fraktion wurden Klarstellungen eingefordert.

Kritik der SPÖ an 228 Flaschen Champagner

Die Finanzprüfer sprachen in einer Stellungnahme von Verletzungen der Regeln des EU-Parlaments, Unklarheiten bei Auftragsvergaben und schlechtem Finanzmanagement. In 41 Fraktionssitzungstagen im Jahr 2016 wurden demnach etwa insgesamt 228 Flaschen Champagner in Rechnung gestellt. "Mir war immer schon klar, dass die FPÖ ihren Wählern Wasser predigt und selbst Champagner trinkt", reagierte etwa SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher in einer Aussendung. "Aber gleich so viel? Das sind ja unfassbare sechs Flaschen Champagner pro Sitzung."

Der FPÖ-EU-Abgeordnete und stellvertretende ENF-Fraktionsvorsitzende Harald Vilimsky beteuerte gegenüber dem STANDARD, dass alkoholische Getränke bei Abendveranstaltungen in Brüssel etwas völlig Normales seien. Dennoch habe man die Ausgaben "kritisch angemerkt und strenge Regeln eingefordert", als der Prüfungsbericht aufkam.

Vilimsky findet Kritik gerechtfertigt

Die Bestellungen der Champagnerflaschen seien durch "die Franzosen" erfolgt, also durch Abgeordnete von Marine Le Pens Front National, sagte Vilimsky. Für sie sei Champagner ähnlich gebräuchlich wie für Österreicher der grüne Veltliner. Er selbst trinke aber nie Champagner, weil ihm der Geschmack nicht zusage. Zudem sagte Vilimsky, dass die FPÖ weder betroffen noch daran beteiligt war: "Nicht eine Flasche." Angesprochen auf etwaige Konsequenzen aus dem Bericht meinte Vilimsky, dass die Kritik zwar "berechtigt", ein Austritt aus der ENF-Fraktion aber dennoch "kein Thema" sei. Er werde "nicht ein politisches Konzept über den Haufen werfen, nur weil ein paar Franzosen bei Abendveranstaltungen Champagner trinken".

Sehr wohl habe es hingegen interne Konsequenzen gegeben. Die Fraktion habe mit dem verantwortlichen Generalsekretär, Ludovic de Danne, "einvernehmlich" die Zusammenarbeit beendet und strengere Regeln vereinbart. Die FPÖ habe sich in letzter Zeit ohnehin einem "Best-Practice-Modell angenähert, was die Verwendung öffentlicher Gelder betrifft".

Lange Liste an Versäumnissen

Einmalig soll es laut Berichten innerhalb der Fraktion auch zu einem Geschäftsessen zweier Personen gekommen sein, bei dem jeweils fast 400 Euro für Mahlzeiten ausgegeben wurden. Zudem seien mehr als 100 Weihnachtsgeschenke im Wert von bis zu 100 Euro auf Budgetkosten an eigene Mitarbeiter verteilt worden.

Die ENF-Fraktion hatte dem Kontrollausschuss zuvor drei Ausgabenlisten vorgelegt. Dabei wurde im Speziellen die Dokumentation der Ausgaben und die Verletzung von Prinzipien des effizienten Finanzmanagements kritisiert. Die nicht belegten Ausgaben in einer Gesamthöhe von exakt 38.889,91 Euro sollen demnach von der Fraktion rückerstattet werden. Zudem sollen Ausgaben, die im Zusammenhang mit der Verletzung von Vergaberegeln und dem Überschreiten der erlaubten Schwellenwerte im Umfang von rund 388.000 stehen, "eingezogen werden".

Die Finanzprüfer der EU forderten überdies eine Reform des internen ENF-Kontrollsystems mit vernünftigen Kostengrenzen für Verpflegung und Geschenke. Die FPÖ trete "verbal immer gegen Politprivilegien auf, selbst gönnt man sich Champagnergelage auf Steuerzahlerkosten", kritisierte Lercher weiter. (faso, 29.3.2018)