Frühlingsgefühle? Damit diese auch dauerhaft bleiben, werden vor allem Frauen Ratschläge erteilt, die denen aus den 1950ern gar nicht so unähnlich sind.

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"Sei interessant für ihn, räum auf, sorge dafür, dass es ruhig ist. Beschwer dich niemals, wenn er zu spät nach Hause kommt, und freu dich, ihn zu sehen. Eine gute Frau kennt immer ihren Platz."

Vor ein paar Jahren machte ein Text aus einer US-amerikanischen Benimmfibel für Frauen die Runde und sorgte für einige Kopfschüttler und Lacher. So also sollten sich Frauen für ihre Männer damals benehmen. Unterwürfig, dienstbeflissen, selbstlos und aufopfernd. Ihren Platz kennen und nicht aus der für sie vorgesehenen Ordnung tanzen. Sie erwarten an dieser Stelle womöglich einen radikalfeministischen Schwenk auf die Gegenwart und ein paar spitze, womöglich gar pöbelnde Ausführungen darüber, warum es sich heute noch genauso verhält. Keine Sorge, kommt gleich. Zunächst aber ein zufriedenes Aufseufzen darüber, dass Beziehungen heute vielfach nicht mehr so aussehen. Dass wir nach sechs Jahrzehnten deutlich freier miteinander umgehen können, einander lieben und verlassen dürfen, um uns womöglich anderen Menschen zuzuwenden.

Sinnvolles für Paare

Das zeigt sich auch darin, wie seit einigen Jahren über das Gelingen und Scheitern von Beziehungen geschrieben und gesprochen wird. In solchen Beiträgen geht es sinnvollerweise häufig darum, was Paare zufrieden macht und was Beziehungen zerbrechen lässt. Es geht um allgemeine Ratschläge, die dazu auffordern, dass sich Liebende mehr Zeit füreinander nehmen und achtsamer miteinander umgehen sollten. Sich möglichst nicht anzufeinden und als Eltern nach Kräften die noch spärlich vorhandenen Beziehungsreste gegen die Übermacht kindlicher Bedürfnisse verteidigen. Sehr nachvollziehbar.

Das ist die eine Seite. Die andere besteht aus Artikeln, die sich nahezu ausschließlich an Frauen richten und eine Neuauflage der Regeln aus den 50ern besorgen. Womit wir bei den pöbelnden Spitzen wären. Denn wie weit sind wir wirklich von diesen antiquierten, deutlich misogynen Vorstellungen weg, wenn immer noch Listen über wünschenswertes und schädliches Verhalten von Frauen in Beziehungen aus dem Nährboden des Internets sprießen? Mit Perlen wie "Männer brauchen viel Bestätigung – das ist einfach so" und dem damit verbundenen Vorwurf, Frauen würden Männer zu wenig loben.

Mal abgesehen davon, dass der Berliner Liedermacher Funny van Dannen schon vor 18 Jahren ein Lied davon zu singen wusste, dass alle ein Lobdefizit haben: Wenn wir hier schon separieren, dann müssten sich Frauen doch wohl auch mehr Lob wünschen. Frauen, das sind ja gemeinhin doch immer noch diejenigen, die unbezahlt und unbedankt die meisten Arbeiten im Haushalt übernehmen und die Kinder großziehen.

Frauen, so weiß auch die Zeitschrift "Stern", sollten sich besser nicht gehen lassen, mit ihrer Familie streiten oder zu wenig Begeisterung für Sex aufbringen, wenn sie nicht "jeden Mann vertreiben wollen". Denn schließlich gilt es zuzugeben: "Männer wollen es immer."

Etwas mehr von allem

Ach was?! Wo genau liegt jetzt der Unterschied zu den Anforderungen, mit denen Frauen vor 60 Jahren konfrontiert wurden? Also außer darin, dass man sie auf ein paar wenige Phrasen eingedampft und mit einem "Aber wir sind ja schon auch selbstbestimmt"-Anstrich übertüncht hat? Die Frage, die immer noch deutlich über all den emanzipatorischen Errungenschaften der letzten Jahre und Jahrzehnte zu thronen scheint, lautet: Wie willst du eigentlich deinen Mann halten? Klar werden auch Männer mittlerweile gefragt, ob sie noch ausreichend versorgen, fit genug sind und im Bett der Bringer. Aber das war es dann auch schon. Dafür gibt es andere Listen. So kommt sie garantiert, hier, zack zack, da anfassen, dort drehen, fertig.

Frauen hingegen sind die, die sich nach wie vor die hübschen Köpfe zerbrechen sollen. Ob auch alles in Ordnung ist. Ob sie genug sind. Ob sie nicht doch selbstloser, aufopfernder, dienstbeflissener und vielleicht sogar unterwürfiger sein sollten. Damit die Beziehung wieder besser läuft. Damit er nicht immer so gestresst ist. Natürlich auch der Kinder wegen. Mit Gleichberechtigung hat das nichts zu tun. Hinter solchen Klischeezumutungen verstecken wir uns nur vor der eigentlichen Frage: Wie wollen wir einander halten? (Nils Pickert, 1.4.2018)