Während in Frankreich und dem Vereinigten Königreich eine höhere Besteuerung auf Lebensmittel mit hohem Zuckergehalt umgesetzt wurde, gibt es in Österreich keine entsprechenden Pläne.

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PRO: Verhalten vernünftig lenken

von Eric Frey

Niemandem kann verboten werden, Nahrungsmittel mit hohem Zuckergehalt – sei es in Süßigkeiten, in Softdrinks oder in Saucen – zu verzehren. Aber wenn es gelingt, Menschen zu gesünderem Essen zu bewegen, ist jedem gedient: dem Einzelnen, der weniger krank wird und wahrscheinlich auch länger lebt, und der Gemeinschaft. Denn die hohen Raten an Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die Übergewicht und schlechte Ernährung verursachen, belasten die Wirtschaft – und noch mehr das Gesundheitssystem.

Hier wirksam einzugreifen ist die Aufgabe der Politik, so wie sie es bereits mit Anti-Rauch-Gesetzen, der Anschnallpflicht im Auto oder dem Verbot von Drogen vorgeführt hat. Eine Steuer auf den Zuckergehalt von Lebensmitteln ist im Vergleich dazu ein gelindes Mittel, um Verhalten in eine vernünftige Richtung zu lenken. Sie würde helfen, den Zuckerkonsum des Einzelnen zu senken, die auf die Gemeinschaft abgewälzten Kosten zu decken und die Lebensmittelindustrie zu bewegen, unnötige Kalorien aus ihren Produkte zu entfernen. Das ist in Großbritannien allein durch die Ankündigung einer Zuckersteuer gelungen.

Zucker ist ein Suchtmittel – das hat die Wissenschaft bewiesen. Da wirken Ermahnungen und Vorträge nur wenig. Auch eine Steuer ist kein Allheilmittel, aber sie ist ein erster Schritt, um das wahrscheinlich größte Gesundheitsproblem der Zukunft in den Griff zu bekommen. (Eric Frey)

KONTRA: Eigenverantwortung gefragt

von Petra Stuiber

Mit einer höheren Steuer auf Lebensmittel, die viel Zucker enthalten, lenkt der Staat den privaten Konsum und greift damit in die Entscheidungsfreiheit jedes einzelnen Konsumenten ein. Nun könnte man, wie vor kurzem in der Zeit, einwenden, dass die Verbraucher ja nicht wirklich wählen können. Denn die Lebensmittelindustrie rührt – auf Betreiben der Zuckerlobby – das süße Gift selbst dort hinein, wo man es nicht vermutet: in Saucen, Ketchup, sogar in die Wurst.

Das mag in Entwicklungsländern ein schlagendes Argument sein: Dort gibt es in vielen Geschäften oft nur noch Sprite, aber kein Wasser zu kaufen – und immer mehr Diabeteskranke, etwa in Nigeria, sind dort ein Riesenproblem.

Im hochentwickelten Österreich kann das nicht gelten: Bereits in der Volksschule werden die Kinder aufgeklärt, wie viel Stück Würfelzucker in einem Fruchtjoghurt oder in einem Glas Cola enthalten sind. Mit einer Smartphonedichte von knapp 70 Prozent kann sich der mündige Konsument auch vor dem Supermarktregal detailliert über Zuckerhaltiges im Lebensmittel seiner Wahl informieren.

Nicht zuletzt liegt es in der Verantwortung der Eltern, ihren Kindern einen vernünftigen Zugang zu Essen und Getränken zu vermitteln. Einfach, indem man es ihnen vorlebt – und vorkocht. Das ist oft mühsam und frustrierend: "Schon wieder was mit Grün, das schmeckt mir nicht!" Auf Dauer ist es jedoch der nachhaltigste Weg, den Nachwuchs gegen wertloses Zuckerzeug im Supermarktregal zu immunisieren. (Petra Stuiber, 29.3.2018)