Dieser Frosch ist dem Chytridpilz zum Opfer gefallen, wie unzählige seiner Verwandten auch. Doch die Überlebenden der Seuche sammeln sich.
Foto: Jamie Voyles

Reno/Wien – In den 1990er-Jahren begann sich abzuzeichnen, dass schwindende Frosch- und Lurchbestände in verschiedenen Weltregionen keine Einzelphänomene, sondern Teil eines globalen Trends sind. Seitdem kursiert das Schlagwort vom weltweiten Amphibienrückgang oder schlicht Amphibiensterben.

Mit Blick auf vergangene Zeitalter, in denen sie fünf oder gar neun Meter lange Riesen hervorbrachten, könnte man meinen, die Amphibien hätten ihre besten Zeiten hinter sich. Als einzige der drei Landwirbeltiergruppen konnten sie sich nie ganz vom Lebensraum Wasser lösen, sind also anfällig für terrestrische wie auch aquatische Umweltprobleme. Zudem bietet ihre durchlässige Haut weniger Schutz gegen äußere Einflüsse – da erscheint die Konkurrenz in Form der Säugetiere und Sauropsiden (Vögel und Reptilien) um einiges robuster. Aber ganz so einfach ist die Sache nicht.

Amphibien haben etwa 370 Millionen Jahre auf dem feuchten Buckel. In dieser Zeit überstanden sie drei der fünf größten Massenaussterbeereignisse der Erdgeschichte, während andere, vermeintlich avanciertere Tiergruppen dahingerafft wurden. Selbst heute noch gibt es mehr Amphibien- als Säugetierarten, auch wenn Letztere das Leben an Land zu dominieren scheinen. Klein und unauffällig lebt es sich offenbar ganz gut.

Ursachen des Rückgangs

Umso erschreckender klingen aktuelle Schätzungen, die bereits ein Drittel der etwa 7000 Amphibienarten als bedroht einstufen. Als Ursachen gelten die Zerstörung von Habitaten, Pestizide und andere Umweltgifte, der Klimawandel und schließlich ein infektiöser Pilz: Batrachochytrium dendrobatidis, der Chytridpilz, befällt die empfindliche Haut der Tiere, schwächt ihre Abwehrfunktion gegen Krankheitserreger oder Gifte und bringt Atmung und Wasserhaushalt durcheinander.

Ursprünglich war der Pilz nur in Afrika beheimatet. Afrikanische Krallenfrösche, die für medizinische Zwecke Verwendung finden, wurden jedoch in andere Weltregionen exportiert und konnten so den Pilz verbreiten. Insbesondere in Mittel- und Südamerika sowie in Australien wurden der Reihe nach ganze Populationen einheimischer Froscharten ausgelöscht – ein Prozess, der immer noch anhält.

Hurra, wir leben noch

Drei Regionen in Panama, über die die Pandemie bereits in den 2000er-Jahren hinweggefegt war, haben US-Forscher nun mit einem Jahrzehnt Abstand ein zweites Mal untersucht. Und sie konnten Beobachtungen bestätigen, dass sich die Lage dort wieder etwas entspannt hat. Neun von zwölf untersuchten Spezies haben sich wieder erholt, nachdem sie schon am Rande der Auslöschung gestanden hatten. Es ist ein Befund, der Hoffnung macht.

An etwaigen Veränderungen des Pilzes liegt es nicht, berichtet das Team um Jamie Voyles von der University of Nevada in "Science". Die Forscher verglichen Proben des Pilzes aus diesem Jahrzehnt mit tiefgefrorenen vom Höhepunkt der Seuche. Es ließen sich keinerlei Unterschiede feststellen, der Pilz ist immer noch genauso infektiös wie eh und je. Trotzdem sank die Prävalenz der Chytridiomykose, also die Häufigkeit der von ihm ausgelösten Krankheit, in diesen Gebieten deutlich.

Damit bleibt nur eine Erklärung: Die Tiere haben sich in der Zwischenzeit besser gewappnet. Entweder hat der Pilz bei einigen Froscharten eine bereits vorhandene allgemeine Abwehrreaktion stimuliert oder es haben sich unter den Tieren in Windeseile günstige Mutationen ausgebreitet.

Klein, aber nicht schwach

Den Beleg für die verstärkte Abwehrkraft lieferten Hautsekrete von Fröschen, die die Forscher im Rahmen ihrer über 2000 Samples umfassenden Untersuchung gewannen. Mit diesen Sekreten kann sich ein Amphibium vor Krankheitserregern schützen. Ein Vergleich zeigte, dass dieser Schutz bei Fröschen aus vom Pilz befallenen Regionen besonders effektiv ist. Artgenossen, die man während der Seuche evakuiert und anschließend in Isolation gehalten hatte, zeigten sich für den Pilz hingegen weiterhin anfällig. Die Chytridiomykose-Pandemie wird also in anderen Regionen weitertoben, doch es wird Überlebende geben.

Es bleiben natürlich noch die übrigen Bedrohungen für Amphibien, die allesamt auf den Menschen zurückgehen – der darum aber auch mithelfen kann, ihre Folgen auf diese alte Tiergruppe abzumildern. Die oft unterschätzten Amphibien tun jedenfalls das ihre, um auch das aktuelle, von uns ausgelöste Massenaussterben, das sich quer durchs ganze Tierreich zieht, zu überdauern. (Jürgen Doppler, 29. 3. 2018)