Im Hause Rocket-Chain knirscht es im Gebälk. Zwischen Ehemaligen und dem Chef herrscht rauer Wind.

Foto: Christian Fischer

Wien – Die Stimmung im Hause Rocket-Chain beziehungsweise dem, was vorerst davon übriggeblieben ist, ist aufgeheizt. Von den Mitgründern sollen sich bis auf einen alle zurückgezogen haben, wurde dem STANDARD zugetragen. Einige Mitarbeiter – wobei unklar ist, ob sie arbeitsrechtlich je welche waren (diesbezügliche Verträge soll es nicht schriftlich geben) – wandten sich bereits an das Landeskriminalamt Wien und brachten dort Aussagen über die Geschäftspraxis ein. Die Existenz solcher Darstellungen wird in Polizeikreisen bestätigt. Man werde den gemachten Angaben nachgehen und diese prüfen, heißt es.

Zur Erinnerung: Rocket-Chain will mit mehreren Geschäftsfeldern die Kryptowelt abbilden. Von ATM-Maschinen zum Tausch von Euro gegen Kryptogeld bis zu Fonds und Mining soll es im Unternehmen zahlreiche Investmentmöglichkeiten geben. Zudem hat Rocket-Chain-Chef René Reumüller einen Ausfallfonds für die Optioment-Opfer ins Leben gerufen.

Geschäftsmodell soll fehlen

"Wir wurden alle verarscht", macht ein mittlerweile ehemaliger Rocket-Chain-Mitarbeiter seinem Ärger Luft. So soll es das Geschäftsmodell, für das man engagiert wurde, noch immer nicht geben. Anträge auf angekündigte Lizenzen sollen noch nicht einmal eingebracht worden sein. "Dennoch wurde damit geworben, Investoren wurden angelockt", heißt es. So ziemlich jedem Mitarbeiter soll ein anderer Wissenstand vermittelt worden sein. Das habe im Laufe des Versuchs, das Geschäft zu entwickeln, für mehr Fragen als Antworten gesorgt. Diese Ungereimtheiten aufzuzeigen sei nun das Ansinnen vieler Ehemaliger.

Doch nicht nur die Mitarbeiter, auch Investoren sollen das Projekt wieder verlassen wollen. Etwas mehr als Hundert Investoren soll es geben, "ein gutes Dutzend will nun sein Geld zurück", wird erzählt. Dafür müssten sie ein Formular ausfüllen, in dem unter anderem anzugeben ist, von wem welche Informationen über geplante Geschäftsfelder kamen. Unter ehemaligen Mitarbeitern wird dieses Dokument "Stasi-Formular" genannt, weil es dazu diene, "die Leute untereinander auszuspielen", beklagt ein Involvierter. Das zurückgeforderte Geld werde dennoch nicht oder nur zum Teil rücküberwiesen.

Rocket-Chain-Chef beruhigt

Stimmt so alles nicht, erklärt Rocket-Chain-Chef René Reumüller dem STANDARD. Vielmehr sei man selbst an die Investoren herangetreten und habe den Ausstieg angeboten. "Aufgrund der Dinge und der medialen Berichterstattung verstehen wir, wenn jemand nicht mehr dabei sein will", sagt Reumüller. Das Geld würde dann selbstverständlich ausbezahlt. Reumüller bestätigt, dass es unter Mitarbeitern zu Zerwürfnissen gekommen ist. Es sei aber nicht so, dass alle das Schiff verlassen hätten. Einige seien gegangen, von anderen habe man sich aus unterschiedlichen Gründen trennen müssen. "Da sind viele Dinge passiert, die ich mir gerne erspart hätte", sagt Reumüller. Das Team sei jetzt sieben Mann stark, und man arbeite an der Lizenz, um über Luxemburg die geplanten Fonds aufzulegen.

Auch an der Banklizenz sei man dran. Hier gebe es auch die Möglichkeit, im Ausland eine Bank zu kaufen. Diesbezügliche Entscheidungen würden in den kommenden Tagen fallen. Die Gründung des Rocket-Chain-Standorts in Österreich sei aber noch nicht erfolgt. "Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen." DER STANDARD betont, dass für Reumüller die Unschuldsvermutung gilt.

Ausfallsfonds spaltet

Ein Grund für das Zerwürfnis in der Rocket-Chain ist der von Reumüller gegründete Ausfallfonds für Optioment-Betrugsopfer. Dieser Fonds sei hinter dem Rücken einiger Rocket-Chain-Gründer ins Leben gerufen worden. Das habe Rocket-Chain in die Nähe von Optioment gebracht, was wiederum Investoren verunsichert habe.

In der Telegram-Gruppe der Optioment-Opfer soll ebenfalls Unruhe herrschen, weil es kaum Infos zum Stand der Dinge gebe. Reumüller: "Wir haben ein Info-Mail veranlasst, das der Support rausschicken hätte sollen. Da kam es zu Verzögerungen." Er habe hier aber nochmals urgiert. Der Fonds laufe, sagt Reumüller. 150 Bitcoins lägen im Fonds. Die Angabe, es gäbe nur zwei Bitcoins statt 150, weist Reumüller zurück. Zum aktuellen Kurs würde das einen Unterschied von umgerechnet 907.366 Euro ausmachen.

Optioment-Opfer

Im Fall Optioment finden derweil weitere Einvernahmen statt. Noch immer melden sich Opfer bei der Polizei, die Betroffene aufruft, sich zu melden. Jeder könne Informationen haben, die den Ermittlern helfen, das Puzzle zusammenzusetzen. Wer den Weg zum Kommissariat scheut, kann via Mail an optioment@polizei.gv.at einmelden. (Bettina Pfluger, 30.3.2018)