Wien – Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) macht den Ländern Hoffnung auf mehr Mittel zum Ausgleich der durch die Abschaffung des Pflegeregresses entstandenen Kosten. Zuerst müsse man gemeinsam Kriterien festlegen, wie viel diese tatsächlich ausmachten, sagte sie im ORF-Magazin "Eco" – "und danach werden wir entscheiden, inwieweit eine zusätzliche Finanzierung seitens des Bundes notwendig ist".

Wien fordert indes mehr Geld. Die Kosten, die durch den Entfall des Pflegeregresses entstehen, würden in Wien zumindest 111,3 Millionen Euro betragen, hat der Fonds Soziales Wien (FSW) ausgerechnet.

Stadt Wien schießt vor

Der FSW erhält die zusätzlichen Mittel, wo es noch keine Einigung zwischen Bund und Ländern gibt, nun vorerst von der Stadt. Die Aufstockung wird am 9. April im Gemeinderatsausschuss beschlossen.

Konkret rechnet der FSW für heuer mit einem Einnahmenentfall von 37,2 Millionen Euro. Die ausgabenrelevanten Folgewirkungen etwa durch die höhere Nachfrage nach Pflegeplätzen werden mit 74,1 Millionen Euro prognostiziert. Noch nicht beziffert seien dabei allerdings Folgekosten aufgrund fehlender gesetzlicher Übergangsbestimmungen, sagte eine Sprecherin.

"Wir können jetzt nicht die Leute auf die Wartebank schicken. Wir können die Wienerinnen und Wiener nicht alleinlassen, nur weil es da keine bundesweiten Regelungen gibt", sagte FSW-Chef Peter Hacker am Donnerstagabend in der "ZiB 2". Mehrere Briefe an das Finanzministerium mit der Bitte um einen Gesprächstermin seien bisher unbeantwortet geblieben, kritisierte Hacker. "Das ist natürlich ein Drama. Es ist schon ein Viertel vom Jahr vergangen, und wir haben keine Lösung der budgetären Fragen."

Auch Sozialstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) forderte den Bund "dringend" auf, "endlich mit den Bundesländern in Gespräche zu treten, um für den Entfall des Pflegeregresses und für die unmittelbaren wie auch mittelbaren Folgewirkungen einen finanziellen Ausgleich zu finden".

Die Nachfrage nach Pflegeplätzen ist in Wien seit der Abschaffung des Regresses Anfang des Jahres stark angestiegen. Im Jänner lag sie im Vergleich zum Vorjahr bei einem Plus von 25 Prozent, im Februar waren es bereits 33 Prozent, hieß es aus dem FSW. Dazu komme, dass Menschen, die sich den Pflegeplatz bisher privat gezahlt haben, nun ebenfalls vom FSW gefördert werden.

Die Stadt wendet jährlich rund eine Milliarde Euro für Pflege und Betreuung auf, 2016 waren es 1,028 Milliarden Euro. Davon wurden 350 Millionen durch Kostenbeiträge der pflegebedürftigen Kunden abgedeckt, 35 Millionen durch Einnahmen aus dem Pflegeregress.

Auch Niessl macht Druck

Auch Burgenlands Landeshauptmann macht sich für mehr Unterstützung durch den Bund stark. Er fordert höhere Anreize für die 24-Stunden-Pflege zu Hause. Außerdem müsse der Bund die durch die Abschaffung des Pflegeregresses anfallenden Mehrkosten für die Länder zur Gänze abgelten. Die dafür vorgesehenen 100 Millionen Euro betrachte er als "erste Rate des Bundes an die Länder. Die reichen nicht einmal für das erste Halbjahr", meinte Niessl. Als Gegenfinanzierung für die Absicherung der Pflege schlug der Landeshauptmann eine Erbschaftsteuer ab einer Million Euro vor.

Caritas-Präsident Michael Landau kritisierte indes in der ORF-"ZiB 2" die "unwürdige" Diskussion, "als wären pflegebedürftige Menschen ein Kostenproblem für die Politik". Grundsätzlich bekannte er sich weiterhin zur Abschaffung des Regresses, merkte aber an, dass dieser Schritt nicht zu Ende gedacht worden sei. Es habe sich dabei um einen raschen Beschluss in Zeiten des Wahlkampfes gehandelt. Landau forderte daher erneut eine umfassende Pflegereform. (APA, 29.3.2018)