Stanford/Wien – Beim Fingerknacken teilt sich die Menschheit in zwei Lager: Die einen können es, die anderen nicht. Und meistens reagieren all jene, die nicht über diese Fähigkeit verfügen, mit Irritation auf die Knackser.

Für die Wissenschaft stellt das irritierende Geräusch bis heute ein biomechanisches Rätsel dar, das man seit 1947 zu knacken versucht. Gewissheit gibt immerhin in mehreren Punkten: Es sind die Gelenke die knacken, also die Verbindungen zwischen den Knocken. Und Voraussetzung ist auch, dass man sie auseinanderzieht.

Gasblase im Gelenksspalt

Im Jahr 1947, dem Geburtsjahr der modernen Knackforschung, machten zwei britische Forscher von der St Thomas's Hospital Medical School in London vor und nach dem Knöchelknacken Röntgenbilder. Darauf entdeckten sie, dass sich eine Gasblase im Spalt zwischen den Gelenken gebildet hatte. Das führte ihrer Ansicht nach zum Geräusch, wie sie in einem Artikel mit dem schönen Titel "Cracking in the Metacarpo-Phalangeal Joint" darlegten.

Links: Fingerknöchel ohne "Knackblase", rechts: mit der Kavität (siehe gelber Pfeil).
Foto: University of Alberta

Diese Annahme hielt immerhin fast 25 Jahre lang. 1971 behaupteten Biomechaniker der Universität Leeds im Fachaufsatz "Cracking Joints", dass nicht die Bildung der Blase, sondern ihr Zerplatzen für das Geräusch sorgt. Und seitdem wogt die Debatte zwischen diesen beiden Erklärungen hin und her.

Fingerknacken im MRT-Gerät

Ein Rückschlag der Zerplatz-Theorie kam 2015: Forscher der Universität Alberta um Gregory Kawchuk ließen eine Kollegen, der meisterlicher Fingerknacker war, zum Knacken in die Röhre eines MRT-Geräts fahren. Dort wurden dann knapp vier Aufnahmen pro Sekunde von den Knöcheln gemacht, um Einblicke zu erhalten, was im Gelenk tatsächlich passierte und was das Knacken auslöste.

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Das im Fachblatt "PLoS One" veröffentlichte Ergebnis führte zurück ins Jahr 1947: Die Blasenbildung und nicht das Platzen das Blasen führt zum Knacken.

Erneute Widerlegung durch Modellrechnungen

Damit schien das letzte Wort gesprochen. Doch die empirische Annäherung erfährt nun abermals einen Widerlegungsversuch – diesmal von zwei Theoretikern: V. Chandran Suja, der an der Uni Stanford über Kavitation und Blasendynamik forscht, überprüfte die alte neue Hypothese der kanadischen Forscher gemeinsam mit seinem französischen Kollegen A.I Barakat (CNRS Palaiseau) mittels mathematischer Modellrechnungen.

Das im Fachblatt "Scientific Reports" veröffentlichte Ergebnis der Berechnungen gibt nun doch wieder der Zerplatz-Annahme recht: Es kann laut den beiden Forschern doch das vollständige oder auch nur das partielle Implodieren und nicht das Entstehen der Blase, das für das Knacken sorgt.

Fortsetzung folgt bestimmt. (Klaus Taschwer, 2.4..2018)