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Protest im Tränengasnebel an der Grenze zu Israel. Andere Bilder zeigten auch verletzte und gewalttätige Demonstranten.

Foto: Reuters / Mohammed Salem

Die Aktion soll bis zum 70. Unabhängigkeitstag Israels am 15. Mai dauern. Israel hatte bereits im Vorfeld klargemacht, dass jeder, der sich der Grenze nähert, mit dem Leben spielt: Schon bevor sich am Freitag tausende Palästinenser entlang des Sicherheitszauns zwischen Gazastreifen und Israel zum "Marsch der Rückkehr" zu sammeln begannen, wurde ein Feldarbeiter – der sich laut israelischer Armee verdächtig verhielt – im südlichen Gazastreifen erschossen. Im Laufe des Tages erhöhte sich die Zahl der Toten auf mindestens dreizehn.

Frage: Worum geht es beim "Marsch der Rückkehr"?

Antwort: Es handelt sich um eine Aktion, die am 30. März, dem von den Palästinensern begangenen "Tag des Bodens", beginnt und am 15. Mai, einen Tag nach der Staatsgründung Israels vor 70 Jahren, enden soll. Für die Palästinenser markiert dieser Tag die "Nakba", die Katastrophe. Bis dahin sind ständige Demonstrationen geplant, an bestimmten Punkten am Sicherheitszaun zu Israel werden sogar Zeltlager errichtet. Palästinensische Flüchtlinge beziehungsweise deren Nachkommen wollen anlässlich der weltweit stattfindenden Jubiläumsfeiern für Israel daran erinnern, dass ihr Problem ungelöst ist.

Frage: Warum sind das Flüchtlinge? Im Gazastreifen gab es doch immer eine arabische Bevölkerung.

Antwort: Die Bevölkerungszahl von 80.000 hat sich durch den Zuzug von Geflüchteten und Vertriebenen im – von den Arabern begonnenen – Krieg 1948/49 etwa verdreifacht. Heute gelten laut Uno-Statistik 1,3 von 1,9 Bewohnern des Streifens als Flüchtlinge.

Frage: Warum reagiert Israel so harsch, wenn sie sich auf der anderen Seite des Zauns versammeln?

Antwort: Wenn größere Gruppen von Palästinensern den Zaun zu überwinden versuchen und Israel dagegen einschreitet, ist die Gefahr einer Eskalation – und vielen Toten – groß. Kritik, unverhältnismäßig reagiert zu haben, wäre Israel sicher. Das würde die Feiern zum Staatsgründungsjubiläum belasten. Es gibt auch eine ständige latente Kriegsgefahr. Israel hat deshalb bereits im Vorfeld international ein Papier verbreitet, in dem es die Aktion als eine vorsätzliche Provokation, die zu Gewalt führen soll, verurteilt. Die Hamas, die von vielen Ländern als Terrororganisation angesehen wird, wird als der Initiator bezeichnet.

Frage: Ist es eine Hamas-Aktion?

Antwort: Vertreter anderer beteiligter Palästinenserorganisationen bestreiten das, aber im Gazastreifen hat die Hamas das Sagen. Seit sie 2007 mit der anderen großen Palästinenserfraktion, der Fatah, gebrochen hat, regiert sie im Gazastreifen allein.

Frage: Wie kam es dazu?

Antwort: 2006 – nur ein Jahr und zwei Monate nach dem Tod von Palästinenserführer Yassir Arafat – gewann die Hamas Parlamentswahlen in den Palästinensergebieten. Besonders stark war sie jedoch im Gazastreifen, wo sie ja als palästinensischer Zweig der ägyptischen Muslimbruderschaft 1987 gegründet wurde. Es kam zum Bruch. Der Gazastreifen hat historisch enge Beziehungen zu Ägypten, das Westjordanland hingegen zu Jordanien. Die Spaltung hat ideologische Ursachen, sie ist aber auch geografisch angelegt.

Frage: Gab es keine Versöhnungsversuche?

Antwort: Etliche, zuletzt einen vielversprechenden unter ägyptischer Vermittlung: Danach hätte die Palästinenserbehörde wieder die Verwaltung im Gazastreifen übernehmen sollen. Mitte März wurde jedoch ein Anschlagsversuch auf Premier Rami Hamdallah verübt, als er den Gazastreifen besuchte. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas macht dafür die Hamas verantwortlich. Diese hat aber längst auch Konkurrenz von noch radikaleren Gruppen.

Frage: Der Zaun zwischen Israel und dem Gazastreifen: Ist er gleichbedeutend mit einer Grenze?

Antwort: Interessant ist, dass die Israelis in ihrer Aussendung von ihrem Recht sprechen, ihre Grenzen und ihr souveränes Territorium zu verteidigen. Israel hat den Gazastreifen, den es 1967 im Sechs-Tage-Krieg von Ägypten erobert hatte, 2005 in einer einseitigen Entscheidung verlassen, das heißt, alle seit 1967 entstandenen Siedlungen geräumt. Mit dieser "Grenze" hat Israel kein Problem, auch wenn es offiziell keine Grenzen festgelegt hat. Das hat mit seinem Anspruch auf Teile des Westjordanlands zu tun. (Gudrun Harrer, 30.3.2018)