Die Justiz lagert derzeit etliche brisante Akten aus dem BVT.

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Wien – Nach der Hausdurchsuchung beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) lagern derzeit viele hochbrisante Akten bei der Justiz – auch solche, die mit den Vorwürfen gegen die Beschuldigten offenbar nichts zu tun haben. Da geht es ja um den Verdacht, die Beamten hätten Daten nicht gelöscht; im Fall der nordkoreanischen Pässe geht es auch um den Vorwurf der Bestechlichkeit.

So hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zum Beispiel jenen besonders heiklen Verschlussakt mitgenommen, der intern den hübschen Namen "Fall Sonnenstrahl" trug. Mit den Passrohlingen, von denen das BVT drei Stück an die Südkoreaner übergeben hat, hat die Geschichte freilich nichts zu tun. Vielmehr geht es in den Unterlagen um die Überwachung eines Nordkoreaners, der in Wien gearbeitet hat – und der Spionage verdächtigt wurde. Inzwischen soll der Mann wieder in seiner Heimat leben.

Beschuldigter wehrt sich

Der Anwalt jenes Beschuldigten aus dem BVT, aus dessen Büro die brisante Akte mitgenommen wurde, wehrt sich nun. Er hat Einspruch gegen Sicherstellung und Beschlagnahme des Verschlussakts eingelegt. Er solle entweder zurückgegeben oder zumindest versiegelt werden, sodass, flapsig nacherzählt, wenigstens die Anonymität aller "Sonnenstrahl"-Beteiligten gewahrt bleibe.

Ein etwaiges Bekanntwerden der Gründe für die Observation oder anderer Details könne das Leben nicht nur des Beschuldigten, sondern auch aller anderen "Sonnenstrahl"-Beteiligten gefährden, heißt es. Nordkorea beobachtet die Causa BVT jedenfalls; wie berichtet, hat man schon_Ende 2017 in zwei Ministerien interveniert und "gründliche Ermittlungen" und "angemessene Maßnahmen" in der Passaffäre moniert.

Kein Recht auf Versiegelung

Die WKStA hat das Begehren des suspendierten Verfassungsschützers zurückgewiesen. Für die Aufbewahrung unter Verschluss wegen Gefährdung des Lebens des Beschuldigten fehlten die gesetzlichen Voraussetzungen. Dasselbe gelte für den Antrag auf Versiegelung von Akten. Denn die steht nur Verfahrensbeteiligten zu, die einem Berufsgeheimnis unterliegen wie Anwälte, Notare – und Geistlichen.

All das trifft nicht aufs BVT und seine Beamten zu. Das hat die Staatsanwältin schon bei der Hausdurchsuchung wissen lassen, als Mitarbeiter der BVT-Rechtsabteilung die Versiegelung der Akten verlangt hatten.

Anwalt Johannes Neumayer, der den BVT-Beamten vertritt, bestätigt auf Anfrage nur, dass es in dem Akt um die "Observation eines spionageverdächtigen Asiaten" ging. Und: "Bei einer Offenlegung der Quellen oder Methoden des BVT würde der Beamte exponiert und massiv gefährdet." Er erwägt eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof.

Zudem meint der Anwalt, die Staatsanwaltschaft hätte das BVT um Rechts- bzw. Amtshilfe ersuchen müssen, statt per Hausdurchsuchung Akten zu beschlagnahmen, "die nichts mit den Vorwürfen zu tun haben". Seine Anregung: "Es sollte jemand einschreiten, um die Geheimnisse des Geheimdiensts zu schützen." (Renate Graber, 30.3.2018)