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Die Bayern sind ganz gut in Fahrt.

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Muss an Rädern, nicht Rädchen drehen: Peter Stöger.

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München/Dortmund – Von der faszinierenden Dortmund-Gala lässt sich Bayern München nicht blenden. "Im Champions-League-Viertelfinale sind ganz andere Kaliber", sagte Trainer Jupp Heynckes nach dem 6:0 (5:0) gegen den BVB. Womöglich ungewollt verband Heynckes seine Einordnung so mit einer gepflegten Abfuhr für den ehemals auf Augenhöhe befindlichen Rivalen. Aber ein Kaliber von europäischer Klasse sind diese Dortmunder eben in der Tat nicht mehr.

Dem Rekordmeister ist bewusst, dass am Dienstag (20.45 Uhr/ZDF und Sky) beim FC Sevilla im Estadio Ramon Sanchez Pizjuan ein anderer Wind wehen wird. "Meine Mannschaft weiß, dass wir eine überdurchschnittliche Leistung brauchen, um eine gute Ausgangsposition zu erreichen", sagte Heynckes. Da war ihm noch nicht einmal bekannt, dass Sevilla am Samstagabend den FC Barcelona beim 2:2 an den Rand einer Niederlage bringen würde.

Dinge bewerten

Es geht beim FC Bayern gerade in vielerlei Hinsicht darum, Dinge richtig zu bewerten. Das ist in der Trainerfrage so, in der die Münchner dem Eindruck entgegentreten, sie seien von der Absage Thomas Tuchels düpiert worden. Bis "spätestens Ende April", sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge bei Sky, soll der neue, "deutschsprachige" Coach feststehen.

Es ist auch in der Causa Robert Lewandowski so, in der sowohl Rummenigge als auch Sportdirektor Hasan Salihamidzic Wetten darauf annehmen, dass der polnische Torjäger trotz des vermuteten Interesses von Real Madrid auch in der nächsten Saison in München spielt. Seine Klasse führte Lewandowski auch den hilflosen Dortmundern mit drei Toren (5., 44., 87.) vor.

Für das Fußballerherz

Die herausragende Darbietung war vor allem in der ersten Halbzeit ein Kunstwerk – "etwas für das Fußballerherz", wie Salihamidzic es ausdrückte. Heynckes sah eine "Galavorstellung", bei der "absoluter Wille" zu erkennen gewesen sei. Unter der Anleitung des Dirigenten James, der selbst traf (14.) und für Thomas Müller (22.) sowie Franck Ribery (45.+1) auflegte, klaffte ein Klassenunterschied zwischen dem FC Bayern und dem Team von Trainer Peter Stöger.

"Auch in der Höhe war das Ergebnis verdient", sagte FCB-Torhüter Sven Ulreich. Hätten die Münchner nicht mit Blick auf das Viertelfinal-Hinspiel in der Königsklasse das Tempo reduziert, ein zweistelliges Resultat wäre gegen diese desolaten Dortmunder keine Utopie gewesen. Es war aber immer noch der höchste Bayern-Sieg gegen die Westfalen seit dem 11:1 aus dem Jahr 1971, der BVB verlor in der Bundesliga zuletzt vor 27 Jahren höher (0:7 beim VfB Stuttgart).

Aufgeräumt und glücklich

Peter Stöger reagierte unterdessen trotzig auf die Blamage bei den Bayern. "Ich gehe davon aus, dass wir die Champions League erreichen werden", sagte Stöger über die Perspektive seiner in München desolaten Mannschaft. Der BVB ist derzeit Dritter. Die Qualifikation für die Königsklasse sei jedoch "keine Selbstverständlichkeit", betonte Stöger.

Allerdings "holen wir gemeinsam momentan relativ viel raus, deshalb sind wir in einer Position, in der wir um die Champions-League-Plätze spielen können. Es wird knapp, aber wir haben es selbst in der Hand." Was seine eigene Zukunft angeht, sagte Stöger bei Sky: "Mein Leben definiert sich nicht darüber, dass ich beim BVB an der Seitenlinie stehe. Ich bin ein relativ aufgeräumter und glücklicher Mensch."

Stöger, der im 13. Bundesliga-Spiel bei Dortmund erstmals verlor, ist dort nur bis Saisonende gebunden. Unabhängig von seiner Person empfahl er den Verantwortlichen einen Neuanfang. "Man muss alle Steine umdrehen, nicht nur Rädchen, sondern ein paar Räder drehen", sagte er, "da gehört die Position des Trainers dazu, man muss schauen, welche Art Fußball will man spielen, wofür will der Verein stehen. Dann muss man schauen, welche Spieler braucht man für diese Spielidee."

Aktuell sei der BVB "weit entfernt" von dem Anspruch, hinter den Bayern die zweite Kraft zu sein: "Man muss es kritisch, vielleicht noch kritischer betrachten, als man es eh schon macht." (sid, red, 1.4.2018)