Rom/Paris – Ein Einsatz bewaffneter französischer Zollbeamter bei einer Hilfsorganisation für Migranten in Italien hat dort Empörung ausgelöst. Die Franzosen hatten einen Nigerianer im Bahnhof des italienischen Grenzortes Bardonnechia zu einem Drogentest aufgefordert. Dabei hätten sie auch Ärzte und Mitarbeiter der Hilfsorganisation bedroht, die in dem Bahnhof Migranten betreuen, wie die Organisation Rainbow4Africa erklärte. Die französische Regierung wies die Anschuldigungen zurück.

Aus Verärgerung über den Einsatz auf italienischem Staatsgebiet bestellte die Regierung in Rom den französischen Botschafter am Samstag ein. Das italienische Außenministerium sprach von einem "schwerwiegenden Vorfall ohne Rechtfertigung". Durch alle politischen Lager herrschte über Ostern Empörung.

Salvini macht Stimmung gegen Macron und Merkel

Der Chef der ausländerfeindlichen Lega-Partei, Mattei Salvini, forderte nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa, "statt russische Diplomaten sollten französische Diplomaten ausgewiesen werden". Salvini verhandelt nach dem Erfolg bei der Parlamentswahl derzeit um den Posten als künftiger Premierminister Italiens. "Von (Frankreichs Präsident Emmanuel) Macron und (Bundeskanzlerin Angela) Merkel brauchen wir keine Lektionen, unsere Grenzen kontrollieren wir selbst", twitterte er.

Paris sieht den Fall dagegen folgendermaßen: Nach Angaben des Haushaltsministeriums hatten Zollbeamte im Zug von Paris nach Mailand den in Italien wohnhaften Mann verdächtigt, in seinem Körper Drogen zu transportieren. Nachdem er einem Urintest zugestimmt habe, hätten sie gewartet, bis sie am Bahnhof Bardonnechia angekommen waren, um "die Würde der Person" zu wahren.

Dort gebe es einen Raum, der dem französischen Zoll auf Grundlage einer Vereinbarung von 1990 zur Verfügung gestellt sei. Der werde seit einigen Monaten auch von der Hilfsorganisation genutzt. Deshalb hätten die Beamten darum gebeten, die Sanitäranlagen zu nutzen, was ihnen gestattet worden sei. Die Kontrolle sei letztlich negativ gewesen, aber einige Mitglieder der Organisation hätten verlangt, dass der Mann bei ihnen bleiben könne.

Immer wieder Spannungen an Grenze

Vor dem Hintergrund der Migrationskrise – in Italien kamen in den vergangenen Jahren rund 600.000 Migranten an – kommt es an der Grenze zu Frankreich immer wieder zu Spannungen. Französische Polizisten fangen Migranten, die weiter nach Norden wollen, an der Grenze ab und schicken sie zurück. Hilfsorganisationen werfen ihnen dabei immer wieder zu hartes Vorgehen vor.

2015 hatte es offenen Streit zwischen den beiden Ländern gegeben, als zeitweise Hunderte Flüchtlinge an der Grenze bei Ventimiglia ausharrten und Italien mehr Solidarität von Frankreich forderte. Im Winter versuchten Migranten selbst über die verschneiten Alpen von Italien nach Frankreich zu gelangen. (APA, 1.4.2018)