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"Sobald ein Mädchen das Kopftuch aufsetzt, verlieren wir sie", erzählte kürzlich eine NMS-Lehrerin aus Wien-Floridsdorf.

Foto: Reuters/Schwarz

Bei einer Regierung, die so viel Ablehnung und Zorn hervorruft, ist jede Wortmeldung zum Thema Integration umstritten. Und wenn Vizekanzler Heinz-Christian Strache ein Kopftuchverbot in Schulen – eine alte FPÖ-Forderung – verlangt, dann kann man sicher sein, dass dies einen neuen Sturm der Entrüstung hervorruft.

Aber es zahlt sich aus, Straches Wortmeldung in der "Kronen Zeitung" genauer anzuschauen. Anders als noch vor einem Jahr, als der damalige Oppositionsführer nach einem "Kopftuchverbot in allen Bildungseinrichtungen mit Öffentlichkeitsrecht" – also auch auf Universitäten – rief und dabei von "christlichen Werten" schwadronierte, ist Strache diesmal in der Sache und im Stil maßvoll und vernünftig.

Kein Eingriff in religiöse Rechte

Diesmal geht es ihm nur um ein Kopftuchverbot in Kindergärten und Volksschulen – also bis zum Alter von zehn Jahren. Damit wird in keinerlei religiöse Rechte eingegriffen, denn in keiner Auslegung des Islams ist es ein Gesetz, dass Mädchen in diesem Alter ihr Haar bedecken.

Und Straches Begründung, dass "die Mädchen in ihrer Entwicklung bis zum zehnten Lebensjahr geschützt sind und sich frei entwickeln und integrieren können", entspricht dem, was auch Fachleute sagen, so etwa der liberale Integrationsexperte Kenan Güngör.

Die neue Landesparteisekretärin der SPÖ Wien, Barbara Nowak, geht sogar einen Schritt weiter und verlangt das Kopftuchverbot in Schulen für "Kinder und Jugendliche", also bis zur Oberstufe. Das ist zwar in der Partei umstritten, aber Nowak, Vertraute des kommenden Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig, steht damit nicht allein.

Zuletzt hat auch die Publizistin Sibylle Hamann, der man keine Nähe zur FPÖ oder auch nur zum rechten SPÖ-Rand unterstellen kann, im Falter für eine "Kopftuch-Pause" in der Pflichtschule plädiert.

Unterstützung bei Lehrern

Und gerade unter Lehrern in Schulen mit hohem Migrationsanteil wünschen sich viele ein Kopftuchverbot, weil das Kopftuch meist von der Familie aufgezwungen wird und es die Integration erschwert. "Sobald ein Mädchen das Kopftuch aufsetzt, verlieren wir sie", erzählte kürzlich eine NMS-Lehrerin aus Wien-Floridsdorf. Und selbst unter muslimischen Schülerinnen gibt es viele, die sich ein Verbot wünschen, weil dies das einzige Argument sei, mit dem sie das Drängen ihrer Eltern abwehren können.

Vielleicht können und wollen Strache und Co diesen Konsens dazu nutzen, eine konsensfähige Regelung zu schaffen, indem sie sich mit Experten und anderen Parteien an einen Tisch setzen und dabei auf jede billige Polemik verzichten. Und dabei könnte die Regierung ja gleich auch klar stellen, dass sie trotz des Wegfalls des Integrationstopfes die Mittel für Deutschförderklassen doch nicht kürzen wird. Denn ohne gute Sprachkenntnisse hilft es Mädchen auch nicht, wenn sie ohne Kopftuch die Schulbank drücken. (Eric Frey, 2.4.2018)