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Genitalbeschneidungen von Mädchen haben weitreichende Folgen: Schmerzen beim Sex, der Geburt eines Kindes und beim Urinieren.

Foto: REUTERS/Amr Abdallah Dalsh

Aziza lebt zwischen zwei Welten. Sie wohnt in der Megacity Kairo, wo sie als Hausangestellte arbeitet, aber ihre Verbindung zur Familie in einem Dorf in Oberägypten bleibt eng. Die unterschiedlichen sozialen Normen bringen sie immer wieder in ein Dilemma, vor allem bei der Erziehung ihrer beiden Töchter, etwa beim Thema Beschneidung. Die ältere hat sie beschneiden lassen, die jüngere, heute 15-jährige, nicht; aber Aziza zermartert sich den Kopf darüber, ob sie richtig gehandelt hat. Überzeugt ist sie nicht.

Trotz aller Kampagnen verändert sich die Einstellung zur Genitalverstümmelung (FGM) in Ägypten – gebräuchlich ist ohnehin die Bezeichnung Beschneidung – nur ganz langsam. Das Ministerium für Gesundheit und Bevölkerung konnte immerhin vermelden, dass zwischen 2008 und 2014 die Rate bei den Mädchen zwischen 15 und 17 Jahren – das ist der entscheidende statistische Wert – von 74 auf 61 Prozent gesunken ist. Das Phänomen ist vor allem in ländlichen Gebieten noch stärker verbreitet, aber auch dort ist laut Ministerium eine fallende Tendenz zu beobachten. Eine entscheidende Rolle spielt auch der Bildungsgrad.

Verbot 2008

In den vergangenen Jahren wurden die Gesetze verschärft. Die Genitalverstümmelung wurde im Jahr 2008 offiziell verboten und wird mit fünf bis sieben Jahren Gefängnis bestraft. Das Ministerium hat zudem allen Spitälern und privaten Kliniken vorgeschrieben, dass sie Verstöße melden müssen.

Es ist aber ein offenes Geheimnis, dass viele Ärzte dennoch Verstümmelungen vornehmen, wenn sie dafür bezahlt werden und es nur einen großen Aufschrei gibt, wenn bei einer Operation schwerwiegende Komplikationen auftreten, die nicht zu verheimlichen sind. Bei der Verstümmelung werden die äußeren Sexualorgane teilweise oder ganz entfernt. Das kann Folgen beim Sex, der Geburt oder beim Urinieren haben.

Kampagnen für Geistliche

Kampagnen, die über die psychologischen, gesundheitlichen und sozialen Risiken dieser Operationen aufklären, müssen sich vor allem auch an die Meinungsmacher in den Dörfern, insbesondere die Geistlichen, richten. Die Verstümmelung der Mädchen wird von Christen und Muslimen in Ägypten gleichermaßen praktiziert. Weder der Koran noch die Bibel schreiben solche Verstümmelungen vor – sie sind eine alte lokale kulturelle Tradition.

Trotz aller Kampagnen, die insbesondere von Nichtregierungsorganisationen durchgeführt werden, bleibt der Anteil von fast 70 Prozent der jungen Männer, die sagen, sie unterstützen diese Praxis und würden auch in Zukunft ihre Töchter beschneiden lassen, immer noch erschreckend hoch. Daher auch die Angst von Müttern, die Chancen ihrer Töchter, einen Mann zu finden, würden geschmälert, wenn sie nicht beschnitten sind. (Astrid Frefel aus Kairo, 3.4.2018)