Wien/Melbourne – Jährlich stecken sich 100 Millionen Menschen weltweit mit der Geschlechtskrankheit Gonorrhoe – umgangssprachlich Tripper – an. Die Erreger (Neisseria-Bakterien) versenden Bläschen mit einem Eiweißstoff, der Immunzellen in den Selbstmord treibt, fand der österreichische Biologe Thomas Naderer heraus. Die Studie erschien im Fachblatt "Plos Pathogens".

Gonorrhoe ist zwar mit Antibiotika behandelbar, die Bakterien (Neisseria gonorrhoeae) entwickeln aber Resistenzen gegen alle bekannten Wirkstoffe. Solche schwer bekämpfbaren "Superkeime" breiten sich zur Zeit rasch aus, erklärte Naderer, der an der Monash University im australischen Clayton forscht. Sie befallen bei Männern und Frauen die Schleimhäute der Geschlechtsorgane. Neben Schmerzen, Juckreiz und eitrigem Ausfluss droht den Betroffenen Unfruchtbarkeit, sie haben ein erhöhtes Risiko für HIV-Infektionen und Mütter übertragen die Krankheit oft auf die Neugeborenen, die dadurch erblinden können. Das körpereigene Immunsystem ist gegen die Erreger keine große Hilfe, denn es wird von diesen außer Gefecht gesetzt.

Hoffnung auf neue Therapien

Naderer hat nun mit einem internationalen Team herausgefunden, dass die Bakterien dabei kleine Bläschen (Vesikel) ihrer Außenhülle (äußere Membran) freisetzen. Diese enthalten einen Eiweißstoff namens "Porin-B". Die Mikroben brauchen Porin-B normalerweise, um Nährstoffe aufzunehmen, doch auch im Kampf gegen das menschliche Immunsystem haben sie offensichtlich andere Verwendung dafür. Die mit Porin-B gefüllten Vesikel gelangen in das Innere von speziellen Immunzellen (Makrophagen) und liefern es an deren Mitochondrien. In diesen "Kraftwerken" und Energielieferanten der Zellen entfalten sie dann ihre Wirkung: Porin-B ändert seine Form und löst ein "Selbstmord-Programm" (Apoptose) aus, so Naderer. Dadurch zerstört es die menschlichen Immunzellen.

Mit diesem Wissen könne man neue Strategien gegen die Superkeime entwickeln, hofft Naderer: Einerseits wären Wirkstoffe hilfreich, die den Transport dieser Vesikel unterbinden, andererseits sei es in den Laborversuchen möglich gewesen, die Makrophagen am Leben zu erhalten, wenn man den Signalweg zum Selbstmordprozess blockiert. (APA, 2.4.2018)