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Die Mineralölindustrie – und mit ihr der Platzhirsch OMV – hat sich einige Privilegien gut absichern lassen.

Foto: Reuters / Heinz-Peter Bader

Wien – Wenige Monate vor dem geplanten Beschluss der österreichischen Klima- und Energiestrategie werden die handelnden Personen von der Vergangenheit eingeholt. Wie erst jetzt bekannt wurde, gab es bei der Ausgestaltung des Anfang 2015 in Kraft getretenen Energieeffizienzgesetzes (EEffG) eine Nebenabsprache der Regierung mit der Mineralölindustrie samt angeschlossenem Handel. Demnach sollen Privilegien, die der Branche vor vielen Jahren eingeräumt wurden, fortbestehen können.

Die fragliche "Vereinbarung zwischen dem Fachverband der Mineralölindustrie sowie dem Fachverband des Energiehandels und dem Bund über Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz" hat die Liste Pilz ausgegraben. Unter §3, Abs 2 findet sich darin folgender Satz: "Der Bund stellt für die Geltungsdauer dieser Vereinbarung sicher, dass den Mitgliedsunternehmen im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie keine weiteren Belastungen durch den Bund auferlegt bzw. im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie bestehende Förderungen nicht verschlechtert werden."

Dies würde auch eine Streichung der steuerlichen Begünstigung von Diesel (Dieselprivileg) ausschließen. Die Mineralölsteuer kommt zwar dem Finanzminister zugute, eine Verteuerung von Diesel hätte aber wohl Auswirkungen auf die verkaufte Menge und wäre für die Mineralölindustrie nachteilig.

Vertrag auch mit Ländern

Damit aber nicht genug, auch auf Landesebene sollten bestehende Verhältnisse offensichtlich einzementiert werden. Denn schon im nächsten Satz der Vereinbarung ist festgehalten: "Ebenso wird der Bund die Länder darauf hinweisen, dass den Mitgliedsunternehmen (der Mineralölindustrie; Anm.) im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie keine weiteren Belastungen durch Landesgesetze auferlegt bzw. bestehende Förderungen nicht verschlechtert werden sollen."

Martha Bißmann, Energie- und Umweltsprecherin der Liste Pilz, findet es mehr als bedenklich, wie der Spielraum der Parlamentarier auf diese Weise eingeschränkt wird. "Ich fühle mich an diese Vereinbarung nicht gebunden und werde mir im Parlament Verbündete suchen, um den Ausstieg aus Heizöl schnellstmöglich auf der Gesetzgebungsebene durchzubringen", sagte Bißmann dem STANDARD. "Die Einnahmen aus der Abschaffung des Heizölprivilegs sollten den Verbrauchern zur Verfügung gestellt werden, um den Umstieg auf klimaschonende Heizträger zu ermöglichen".

Am Dienstag will Bißmann eine parlamentarische Anfrage an die auch für Energie zuständige Ministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus, Elisabeth Köstinger (ÖVP), richten. Das ist insofern nicht ganz unspannend, weil Köstinger etwa zeitgleich den Entwurf einer Klima- und Energiestrategie präsentieren wird – gemeinsam mit Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ). "Werden Sie als zuständige Ministerin veranlassen, dass diese auf unbestimmte Zeit geschlossene Vereinbarung nach §8 Abs 2 gekündigt wird?", lautet eine der insgesamt zwölf Fragen.

Ausstiegsklausel

In besagtem §8 steht: "Jede Partei kann die Vereinbarung jederzeit schriftlich kündigen. Die schriftliche Kündigung wird sechs Monate nach Ablauf des Tages wirksam, an dem sie bei der gegenbeteiligten Partei eingelangt ist". Wann genau die Vereinbarung zwischen Bund und Mineralölindustrie bzw. mit dem Energiehandel geschlossen wurde, geht aus dem Papier nicht hervor. Bißmann will auch darauf eine Antwort. Die Vereinbarung dürfte jedenfalls einige Zeit vor Inkrafttreten des EEffG am 1. Jänner 2015 unterschrieben worden sein. Zuständig für Energie war damals Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). An seiner Stelle hat der damalige Leiter der Energiesektion im Wirtschaftsministerium, Alfred Maier, unterzeichnet.

Das Zustandekommen des EEffG, das Österreich in Befolgung einer EU-Richtlinie beschließen musste, war eine Schwergeburt. Energieunternehmen, die den Nachweis über den effizienteren Einsatz von Energie bei ihren Kunden liefern müssen, liefen Sturm. Die Mineralölindustrie kämpfte dafür, komplett aus dem EEffG und der Verpflichtung herausgelassen zu werden, Jahr für Jahr 0,6 Prozent Energie einzusparen. (Günther Strobl, 2.4.2018)