Carles Puigdemont sitzt in Neumünster in Schleswig-Holstein in Haft.

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Berlin – Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein will den ehemaligen katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont an Spanien ausliefern. Das teilte die norddeutsche Behörde am Dienstag mit.

Puigdemont legte seinerseits vor dem Obersten Gerichtshof Spaniens Widerspruch gegen den Vorwurf der Rebellion ein. Darüber hinaus forderte er das Gericht auf, Anschuldigungen zurückzuweisen, er habe öffentliche Mittel veruntreut, wie aus einem 85-seitigen Einspruch hervorgeht.

Verfolgte bestreiten Vorwurf der Rebellion

Am 1. Oktober, dem Tag des katalanischen Unabhängigkeitsreferendums, habe es keinerlei Gewalt gegeben – das sei aber die Voraussetzung für den Vorwurf der Rebellion, heißt es in dem Einspruch, aus dem spanische Medien am Montag zitierten. Falls einige Bürger mehr als passiven Widerstand geleistet hätten, habe es sich dabei um isolierte Fälle gehandelt. Nur diese Bürger dürften dafür zur Verantwortung gezogen werden.

Der Einspruch wurde von Puigdemonts Anwalt Jaume Alonso Cuevillas erstellt – auch im Auftrag von zwei weiteren ehemaligen katalanischen Ministern, Clara Ponsati und Lluis Puig. Beide waren ebenfalls nach dem Referendum aus Spanien geflohen. Die frühere Regionalministerin Ponsati hatte sich Ende März im schottischen Edinburgh der Polizei gestellt.

Kritik an "verfahrensrechtlichen Verstößen"

Es habe in dem Fall einige verfahrensrechtliche Verstöße gegen die drei Politiker gegeben, heißt es in dem Einspruch. Unter anderem sei ihnen nicht erlaubt worden, sich selbst zu verteidigen, bis die Anklage gegen sie am 23. März ausgestellt worden sei.

Puigdemont, der im Herbst ins Exil nach Brüssel gegangen war, war am 25. März auf Grundlage eines europäischen Haftbefehls in dem norddeutschen Bundesland Schleswig-Holstein festgenommen worden. Er wird seitdem in der Justizvollzugsanstalt Neumünster festgehalten. Die spanische Justiz wirft ihm unter anderem Rebellion vor, worauf lange Haftstrafen stehen.

Die deutsche Regierung will in der Frage der Auslieferung nicht intervenieren. In Berlin verwies ein Sprecher des deutschen Justizministeriums am Dienstag auf Äußerungen der Ministerin Katarina Barley, die erklärt hatte, das Auslieferungsverfahren liege in den Händen der Justiz.

Osterbotschaft Puigdemonts via Twitter

Puigdemont zeigte sich zu Ostern – genau ein halbes Jahr nach dem Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien – siegesgewiss. Die Volksbefragung vom 1. Oktober 2017 sei "der Beginn einer neuen Ära" gewesen, "von dem es kein Zurück gibt", ließ der 55-Jährige am Sonntag über seine Unterstützer auf Twitter und Instagram verbreiten. Die Mitglieder der abgesetzten Regionalregierung seien "politische Gefangene, aber frei in ihrem Geist".

Nach dem von der spanischen Justiz verbotenen Referendum und dem folgenden Unabhängigkeitsbeschluss hatte die spanische Regierung die Regionalregierung in Katalonien entmachtet und die Kontrolle in der Region übernommen. Bei einer Neuwahl im Dezember errangen die separatistischen Parteien aber erneut eine Mehrheit der Sitze.

Besuch von deutschen Abgeordneten

Puigdemont hatte am Ostersonntag im Gefängnis Besuch von den beiden Linke-Bundestagsabgeordneten Diether Dehm und Zaklin Nastic. Dehm berichtete anschließend, Puigdemont habe Angst vor einer Abschiebung nach Spanien. Er habe gesagt, die spanische Justiz sei ganz anders als die deutsche. In Neumünster fühle sich Puigdemont "sehr korrekt, sehr freundlich sogar behandelt". Puigdemont habe auf ihn einen aufgeräumten und heiteren Eindruck gemacht, er sei "voll Mut".

Dehm berichtete, er habe Puigdemont Informationen des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags zur Verfügung gestellt. Dieser habe festgestellt, dass Menschen, die wegen ihrer politischen Überzeugung verfolgt werden, nicht ausgeliefert werden dürften; das gelte auch in Bezug auf den europäischen Haftbefehl. (APA, 3.4.2018)