Bild nicht mehr verfügbar.

Noch im September 2017 hatte Terry Myerson als damaliger Windows-Chef die Keynote auf Microsofts Entwicklermesse "Build" gehalten. Nun hat er das Unternehmen verlassen.

Foto: Reuters

Jahrzehntelang war der Erfolg des US-IT-Riesen Microsoft untrennbar mit Windows verbunden. Zuerst als grafischer Aufsatz und später Nachfolger von DOS war es der Grundstein für den Erfolg von Desktop-PCs und Laptops als Büromaschinen, Multimediaplattformen und Unterhaltungsapparate. Die eigene Dominanz wusste man früh abzusichern – teilweise so effektiv, dass letztlich internationale Behörden gegen das Quasimonopol vorgingen. Dennoch ist Windows mit einem Marktanteil von über 90 Prozent immer noch die klare Nummer eins auf traditionellen PCs.

In den vergangenen Jahren standen die Zeichen allerdings auf Wandel. Denn klassische Computer haben deutlich an Relevanz verloren. Gleichzeitig scheiterte Microsoft daran, Windows als relevante Plattform für Smartphones zu etablieren. Nun hat Konzernchef Satya Nadella einen weiteren Umbau in Redmond vorgenommen. Und dieser, so der Ex-Microsoft-Mitarbeiter und Branchenkenner Ben Thompson, besiegelt das Ende der Windows-Ära.

Ballmers schweres Erbe

Man wolle sich ganz auf "Mobile" und die Cloud ausrichten, schrieb Nadella in seinem ersten Memo an alle Angestellten, nachdem er im Februar 2014 Steve Ballmer als CEO des Unternehmens beerbt hatte. Letzterer hatte über Jahre versucht, Windows weiter im Zentrum von Microsofts Strategie zu halten. So koppelte er mobile Umsetzungen von Microsoft Office an Windows Phone, wollte mit Windows 8 und RT Tablet-Nutzer ansprechen, vergaß beim radikalen Umbau des Interfaces jedoch die Bedürfnisse der Desktopnutzer.

Dass ihm der Aufsichtsrat sogar gestattete, Nokias Gerätesparte für 7,2 Milliarden Dollar zu übernehmen, spricht Bände über den damaligen Zustand der Firma, schlussfolgert Thompson. Ironischerweise wurde der Deal erst im April 2014 endgültig abgeschlossen, womit er zu einer Art ungeliebtem "Abschiedsgeschenk" von Ballmer an seinen Nachfolger wurde, der sich einst gegen diesen Kauf ausgesprochen hatte. Ein Jahr später stand bereits fest: Auch der Zukauf konnte nicht verhindern, dass Windows auf Smartphones keine Chance gegen Android und iOS hatte.

Nadella stellte die Bemühungen aber nicht von heute auf morgen ein, sondern formte eine eigene Abteilung für Windows und Hardware. Dort realisierte man letzten Endes selber, dass die Situation ausweglos war.

Windows 10 nicht so erfolgreich, wie angekündigt

Dass Microsofts Weg nicht mehr durch Windows bestimmt sein würde, deutete man, als einen Monat nach Nadellas Amtsantritt Office für das iPad erschien. Die Umsetzung war natürlich bereits unter Ballmer begonnen wurden, Insider zweifeln aber bis heute daran, dass Ballmer dieses jemals veröffentlichen hätte lassen.

Aber auch Nadella hatte Windows nicht abgeschrieben. Unter ihm ging Windows 10 an den Start, das aber erstmals als "System-as-a-Service" angepriesen wurde. Über ein Jahr lang konnten Nutzer von Windows 7 und 8 kostenlos upgraden. Und obwohl Microsoft die kostenlose Aktualisierung den Usern mitunter geradezu aufdrängte, verfehlte man das Ziel, binnen zwei Jahren eine Milliarde Nutzer damit zu erreichen, klar.

Windows 10
Foto: Screenshot

Ein Grund dafür ist auch, dass der klassische PC als Plattform an Bedeutung eingebüßt hat. Für Arbeits- und Multimediazwecke ist die Hardware längst potent genug. Dementsprechend werden die Zyklen zwischen Neukäufen immer länger. Nur noch wenige Gruppen, etwa Gamer, rüsten alle paar Jahre auf. Für viele Nutzer dienen mittlerweile Smartphones und Tablets als wichtigste Kommunikationsplattform im Alltag.

Windows-Team wurde aufgespalten

Mit der jüngsten Reorganisation reagierte der CEO auf diese Entwicklung und macht Microsoft endgültig zu einem Konzern, der nicht mehr seine Plattform, sondern seine Services pusht und sich auf Geschäftskunden konzentriert. Der bisherige Windows-Chef Terry Myerson geht von Bord und erstmals seit den 1980ern wird das System nicht mehr in einer eigenen Unternehmenssparte gepflegt. Das für die Kernentwicklung verantwortliche Team ist nun Teil der für den Cloudservice Azure zuständigen Division, der Rest wird in die Office-Sparte integriert.

Freilich bleibt Windows, jedenfalls auf absehbare Zeit, weiter wichtig für Microsoft. Office 365 funktioniert auf der Plattform nach wie vor am besten, was auch für Unternehmen wichtig ist, die von einer älteren Version umsteigen. Azure erlaubt die Aufteilung von Workloads zwischen lokalen Windows-Servern und der Public Cloud. Windows selbst hat nach wie vor eine große Nutzerbasis und bringt Microsofts eigenen Store mit, dessen Angebot kontinuierlich wächst.

Neue Chancen gesucht

Dennoch ist es richtig von Nadella, die Segel auf eine "Zeit nach Windows" zu setzen, denn das System bringt dem Konzern kein Wachstum – weder jetzt noch zukünftig. Im Cloudgeschäft hat man es zudem mit harter Konkurrenz durch Amazon und Google zu tun. Die größte Aufgabe des Konzernchefs ist nun, neue Märkte und Produkte zu finden, auf denen Microsoft sich etablieren kann. (red, 3.4.2018)