Percy Thonet: "Kunstfaser ist nicht meins"
Meistens trage ich Turnschuhe. Das ist reine Bequemlichkeit, weil ich im Vertrieb tätig und deshalb viel zu Fuß unterwegs bin. Wenn ich quer durch Wien renne, kommen schon einige Kilometer zusammen. Ich benutzte, so gut es geht, die Öffis, vorausgesetzt natürlich, ich muss keine Stühle mitschleppen.
Man sieht mich fast immer in Hemd, Hose und Pullover. Einen Anzug muss ich in meinem Beruf zum Glück nie tragen. Ich arbeite sehr eng mit Kunden zusammen, die aus dem Kreativbereich kommen, Architekten oder Interior-Designer etwa. Das Formelle eines Anzugs erschiene mir da sogar kontraproduktiv. Legeres Auftreten steht auch für das, was ich im Job predige: Stühle von Thonet haben zwar eine lange Tradition, entwickeln sich aber weiter und sind gewissermaßen leichtfüßiger geworden. Das bedeutet nicht, dass ich mich in einem edlen Anzug verkleidet fühle. Aber es sollte einen Anlass geben, zu dem dieser Aufzug passt: irgendetwas Familiäres wie eine Taufe oder eine Hochzeit. Müsste ich täglich Anzug tragen, würde mich das schon nerven.
Kleidung kaufe ich hauptsächlich online, da es bei den Marken, die mir gefallen, in Wien keine große Auswahl gibt. In Onlineshops dagegen entdecke ich regelmäßig etwas Neues – zum Beispiel bei L'Exception oder Mr. Porter. Mir geht es vor allem darum, gewisse Materialien zu vermeiden – Kunstfaser ist echt nicht meins.
Einfach so durch die Läden zu ziehen, ohne zu wissen, was ich will, ist auch nicht mein Ding. Es gibt wohl ein paar Geschäfte wie Schwittenberg in München, wo ich aus Gewohnheit vorbeischaue, aber ich hasse es, meine Zeit mit Einkaufen zu verbringen. Ich kenne meine Größe und weiß ganz genau, welche Kleidungsstücke ich brauche. Rund alle zwei Monate werfe ich einen Blick in den Kleiderkasten, bei dem ich den Bedarf kläre.
Eigentlich sollte ich mir von dem Pullover, den ich am häufigsten trage, weil ich ihn so gern mag, immer gleich mehrere Exemplare kaufen – mache ich aber nicht. Ich bestelle einen nach dem anderen, was nicht besonders effizient ist. (saum, RONDO Exklusiv, 6.4.2018))
Percy Thonet (Jg. 1978) ist der Urururenkel von Michael Thonet, der mit seinen Kaffeehaussesseln aus Bugholz bekannt wurde. Er arbeitet für Thonet Vienna und lebt in Wien.
Das neue RONDO exklusiv erscheint am 7. April.
Weiterlesen:
Kabarettistin Lisa Eckhart: Vulgär mit Stil
Erik & Erika im Kino: Die fliegende Weltmeisterin
Florentina Holzinger: Apollon wird zerstückelt