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Spotify sei eben kein gewöhnliches Unternehmen, begründete der 35-jährige Gründer Ek den speziellen Weg an die Börse.

Foto: AP/Richard Drew

New York / Stockholm – Mit Spannung wird der Börsengang des Musikstreaming-Dienstes Spotify erwartet. Nicht nur, weil der Konzern den ungewöhnlichen Weg einer Direktplatzierung gewählt hat, der zu einer höheren Volatilität des Kurses führen könnte, sondern auch, weil sich Spotify in den letzten Jahren zu einem Unternehmen mit Rang und Namen entwickelt hat, das mit seinen Streaming-Diensten die gesamte Musikbranche auf den Kopf gestellt hat: Pro Monat nutzen insgesamt rund 159 Millionen Menschen aktiv den Dienst, 71 Millionen waren zahlende Abo-Kunden.

Trotz der beeindruckenden Zahlen und der klaren Marktführerschaft ist das 2006 in Schweden gegründete Unternehmen weit entfernt von einem profitablen Geschäftsmodell. Obwohl der Umsatz im vergangenen Jahr um fast 39 Prozent stieg, nahm der operative Verlust von 349 Millionen auf 378 Mio. Dollar (305,43 Mio. Euro) zu. 2018 will Spotify die 200-Millionen-Nutzer-Marke knacken, rechnet aber mit einem operativen Minus von 230 bis 330 Mio. Dollar.

Vergleiche mit Netflix

Um Anleger vor dem Börsendebüt zu überzeugen, vergleicht sich Spotify gerne mit Netflix. Nicht zuletzt hat Firmenchef Daniel Ek mit Barry McCarthy den Mann als Finanzchef an Bord geholt, der 2002 bereits den heutigen Marktführer im Video-Streaming an die Börse brachte. Parallelen gibt es durchaus: Bevor Netflix zum Inbegriff einer neuen Fernsehkultur wurde, die ohne klassische Kabelanbieter auskommt, schrieb das Unternehmen auch lange Zeit rote Zahlen. Heute ist Netflix profitabel und an der Börse über 130 Mrd. Dollar wert. Zum Vergleich: Spotify trauen Analysten eine Bewertung von rund 20 Mrd. Dollar zu.

Ähnlich wie Netflix die TV-Welt revolutioniert, tut Spotify es mit der Musikbranche. Dennoch gibt es einen wesentlichen Unterschied, der Zweifel an einer Erfolgsstory wie bei Netflix aufkommen lässt. Denn der Spotify-Boom füttert vor allem die Rechtebesitzer der Musik, die der Streamingdienst seinen Kunden gegen Gebühren oder in einer Gratisversion mit Werbung anbietet. An sie gehen mehr als 75 Cent von jedem Dollar, den Spotify einnimmt.

Von großen Labels abhängig

Während Netflix sich mit eigenen Inhalten zum Angstgegner von Unterhaltungsriesen wie Disney oder Time Warner aufbaute, ist Spotify abhängig von den großen Labels Sony Music, Warner und Universal Music. Ek soll es zwar schon gelungen sein, etwas niedrigere Lizenzgebühren für den rund 35 Millionen Songs umfassenden Spotify-Katalog herauszuschlagen. Doch seine Verhandlungsposition ist angesichts der geballten Marktmacht der Gegenseite überschaubar. Und anders als Netflix, das inzwischen jede Menge Streaming-Inhalte exklusiv selbst produzieren lässt, hat Spotify bisher offenbar keine Pläne, den Plattenfirmen Konkurrenz durch eigene Musik zu machen.

Andere Umsatzquellen finden

Finanzchef McCarthy machte bei einer Präsentation kürzlich deutlich, dass höhere Gewinnspannen vor allem durch die Erschließung anderer Umsatzquellen erreicht werden müssten. Dazu zählen Werbe-Deals mit Promotern oder der Verkauf von Daten an Musiker, Plattenfirmen und Konzertveranstalter. Bisher erzielt Spotify 90 Prozent seiner Erlöse mit kostenpflichtigen Premium-Abos. Doch Ek buhlt mit großen Versprechen um Anlegergeld. "Wir sind erst in der zweiten Runde dieses Spiels", sagte der 35-Jährige jüngst vor Investoren. "Die Möglichkeiten, die vor uns liegen, sind viel, viel größer als Sie denken." (red, APA, 3.4.2018)