Die Jahrhundertsportlerin Annemarie Moser-Pröll und der ehemalige Cheftrainer Karl Kahr standen und stehen in engem Kontakt.

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Freitag, 6. April, Bezirksgericht Bludenz. Dann und dort gilt es, die Klage zu verhandeln, die Karl Kahr (85) gegen eine ehemalige Vorarlberger Skirennläuferin und deren Ehemann eingereicht hat. Der einstige Startrainer des österreichischen Skiverbands (ÖSV) wirft den Beklagten üble Nachrede vor. ÖSV-Partner Kronen Zeitung berichtete schon vor Wochen, worum es geht, und berichtete auch, dass Skilegende Annemarie Moser-Pröll als "Kronzeugin" geladen sei.

Es geht darum, dass der Schneeball, den Nicola Werdenigg geworfen hat, als sie im STANDARD über ihre Vergewaltigung durch einen Teamkollegen in den 70ern berichtete, ein Schneebrett ausgelöst hat. Dieses Schneebrett wurde durch Aussagen von ÖSV-Funktionären und eben auch Moser-Pröll eher nicht gebremst. Im Gegenteil.

Als Moser-Pröll im, wie sie später sagte, verkürzt wiedergegebenen Servus-TV-Interview erklärte, dass "immer zwei dazugehören" würden, hat diese Aussage laut Kronen Zeitung eine ehemalige Teamkollegin aus Vorarlberg "offenbar empört". Diese habe Moser-Pröll "eine wütende Whatsapp-Nachricht" geschrieben, in der sie Charly Kahr "des Missbrauchs bezichtigte". Eine weitere Nachricht erging vom Ehemann der Vorarlbergerin an Moser-Pröll, deshalb wurde auch er geklagt.

Der Weg von Moser-Pröll zu Kahr war in diesem Fall kein weiter. Sie informierte ihn, und Kahrs Anwalt Manfred Ainedter nahm die Whatsapp-Nachricht zum Anlass, Klage einzureichen. Erst danach erschien in der Süddeutschen Zeitung jene Geschichte, in der zwei Ex-Skiläuferinnen anonym, aber untermauert durch eidesstattliche Erklärungen angeben, Kahr habe sie vergewaltigt beziehungsweise zu vergewaltigen versucht.

Beklagten-Anwalt verwundert

Martin Mennel, Anwalt der Beklagten, sagt dem STANDARD: "Mich verwundert, dass Herr Kahr vertrauliche Mitteilungen dazu benützt, um als Privatkläger auftreten zu können, und dazu nützt, das alles öffentlich zu machen. Diese Öffentlichkeit wird nicht von meinen Mandanten, sondern von Kahr und Moser-Pröll verursacht." Mennel ist es wichtig zu betonen, "dass Kahr und Moser-Pröll unter Wahrheitspflicht aussagen müssen". Denn: "Wenn die Wahrheit auf den Tisch kommt, sehe ich kein Problem für meine Mandanten."

Anwalt Mennel behält sich rechtliche Schritte gegen Medien vor, die über die Identität seiner Mandantin informiert wurden und deren Namen veröffentlichten. Da werde "möglicherweise versucht, eine Täter-Opfer-Umkehr zu betreiben".

Unterstützung erfährt Kahr durch die Kronen Zeitung. Der ÖSV-Partner veröffentlichte einen Brief, den zu unterschreiben sich neben Moser-Pröll weitere neun ehemalige Skirennläuferinnen veranlasst sahen: Monika Kaserer, Brigitte Habersatter-Totschnig, Irmgard Lukasser-Ebster, Lea Sölkner, Olga Pall, Elfi Danner (vormals Deufl), Wiltrud Drexel, Bernadette Rauter und Martina Mennel (vormals Ellmer).

In dem Brief heißt es: "Wir haben uns alle geärgert, dass Medien anonymisierte Personen auftreten lassen, die sich plötzlich an Vorkommnisse vor 50 Jahren erinnern wollen." Die Ex-Rennläuferinnen versichern Kahr: "Wir haben – als Zeitzeugen – während unserer aktiven Zeit im Skirennsport nie eine negative Wahrnehmung von physischer oder psychischer Gewalt deinerseits erfahren." Vier der zehn Läuferinnen haben nie unter Kahr trainiert, der von 1966 bis 1970 ÖSV-Damen-Chefcoach war. Sie debütierten teilweise erst Jahre später im Weltcup.

Prozess gegen SZ anhängig

Es ist nicht auszuschließen, dass das Bludenzer Verfahren bis nach Wien wirken wird, wo auf Kahrs Betreiben ein medienrechtliches Verfahren gegen die "Süddeutsche Zeitung" anhängig ist. Dabei geht es, erklärte Kahrs Anwalt Ainedter der Austria Presse-Agentur, um die Verletzung der Unschuldsvermutung, des Identitätsschutzes und der Privatsphäre. Schließlich sei Kahr, argumentiert Ainedter, längst "keine Person des öffentlichen Interesses" mehr. Für diese Verhandlung gibt es noch keinen Termin. (Fritz Neumann, Jutta Berger, 4.4.2018)