Berlin – Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes (TdF) will, dass Gesichtsschleier in Deutschland aus dem öffentlichen Raum verbannt werden. In einem aktuellen Positionspapier der Organisation heißt es: "Ohne ein Verbot wird es in Deutschland bald sehr viel mehr Vollverschleierung geben."

Gleichzeitig kritisierte TdF, dass das Hinterfragen von Praktiken wie Frühehe und Vollverschleierung in manchen linken Kreisen inzwischen fälschlicherweise "als rassistisch, islamophob oder (neo)kolonialistisch" diskreditiert werde.

Die AfD-Fraktion hatte im deutschen Bundestag im Februar einen Antrag auf ein generelles Verbot der Vollverschleierung eingebracht. Die anderen Parteien hatten das kritisiert, unter anderem unter Verweis auf die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit. In der Debatte dazu bezeichneten jedoch auch PolitikerInnen anderer Parteien die Gesichtsverhüllung als "Integrationshindernis".

"Reflexartige Abwendung"

Die Frauenrechtlerinnen erklären in ihrem Papier, die Religionsfreiheit dürfe nicht zu einer Worthülse verkommen, "die dafür genutzt wird, menschenverachtenden und antidemokratischen Gesinnungen Tür und Tor zu öffnen". Zudem finde sich weder im Koran noch in den Überlieferungen aus der Zeit des islamischen Propheten Mohammed eine Vorschrift zur Verhüllung des weiblichen Gesichts.

TdF-Vorstandsmitglied Hania Luczak sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wir grenzen uns ganz eindeutig von dem rückwärtsgewandten Frauenbild der AfD ab. Gleichzeitig bedauern wir, dass sich alle reflexartig vom Thema Vollverschleierung abwenden, nur weil auch die AfD für ein Verbot ist." Im März hatte Terre des Femmes den Mitgliedsantrag einer AfD-Funktionärin abgelehnt. Zur Begründung hieß es, TdF habe sich in einem Positionspapier von "Rechtspopulismus und Extremismus distanziert". Daher bestehe ein Interessenkonflikt.

Die Terre-des-Femmes-Aktivistin Naila Chikhi empfindet den Gesichtsschleier als "Barriere". "Als ich ein Kind war in Algerien, da waren vollverschleierte Frauen die Ausnahme", sagt sie. Später seien die Drohungen der Islamisten und der soziale Druck immer stärker geworden. Heute gehörten Verschleierte in der Hauptstadt Algier zum Stadtbild. "Ich möchte nicht, dass es so eine Entwicklung eines Tages auch in Deutschland gibt", so Chikhi. "Ich bin davor geflüchtet, und jetzt erlebe ich hier dasselbe Szenario." (APA, dpa, 4.4.2018)