Die USA und China stehen sich im Handelsstreit gegenüber. Beide Staaten könnten nur schwer einlenken

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Washington veröffentlichte – obwohl es das eigentlich später tun wollte – überraschend am Mittwoch seine China angedrohte Liste mit Strafzöllen von bis zu 25 Prozent auf rund 1.300 Importprodukte aus China. In 60 Tagen sollen diese in Kraft treten.

Peking schlug umgehend zurück mit einer neuen Liste von 106 Produkten, auf die 25 Prozent Zölle erhoben werden sollen, darunter auf die Einfuhr von Sojabohnen, Mais und Rindfleisch, Tabak, Autos und Chemikalien. Peking verriet noch nicht, wann sie in Kraft treten sollen.

Die Kollateralschäden werden auch viele US-Farmer in Panik versetzen, ebenso wie Arbeiter in tausenden Fabriken in China. Das ist von beiden Seiten auch so gewollt, denn die Egomanen und Alleinherrscher Donald Trump und Xi Jinping dürfen keine Schwäche durch Nachgeben zeigen. Vordergründig geht es den USA um den Abbau ihres gigantischen Handelsdefizits mit China, jährlich um hundert Milliarden Dollar weniger. 2017 erreichte es nach US-Handelszahlen 375 Milliarden Dollar.

China soll Know-how gestohlen haben

Von den neuen US-Strafzöllen sind aber China-Importe aus Branchen der Luftfahrtindustrie, Kommunikationstechnologie, Robotertechnik und des Maschinenbaus betroffen. Da geht es nicht um Defizite. Die USA unterstellen Chinas Staatsfirmen, die sie abstrafen wollen, sich von US-Firmen durch Know-how-Diebstahl, Cyberkriminalität und unfaire Wirtschaftsweisen wie den Zwang zum Technologietransfer Entwicklungsvorteile verschafft zu haben. Durch die neuen Zölle werden sich Chinas Hightech-Exporte in die USA um mindestens 50 Milliarden Dollar verteuern.

Peking verdächtigt im Gegenzug die USA, Chinas Aufstieg zur Weltmacht mit Foul Play über die Zölle bremsen zu wollen. Das Handelsministerium setzte auf patriotischen Beifall, als es am Montag Zölle auf 128 Einfuhren aus den USA aufschlug, darunter gezielt auf Agrarprodukte von Schweinefleisch bis zu Nüssen im Wert von drei Milliarden Dollar. Die Strafliste sei eine Vergeltung für vorher erhobene US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte aus China.

Handelskrieg abwenden

Der Ton ist umgeschlagen. Vergangenes Wochenende hatten China und die USA noch versichert, mit der Umsetzung ihrer Strafzölle abzuwarten. Peking sagte, es werde seine Liste in "angemessener" Zeit in Kraft setzen. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer, der für US-Präsident Donald Trump die Zollstrafen vorbereitete, versprach bis Juni zu warten. Er sei "hoffnungsvoll", dass genug Zeit für Verhandlungen bleibt, um einen Handelskrieg abzuwenden.

China und die USA hielten sich nicht einmal 48 Stunden an ihre Worte, zuerst Peking am Montag und dann Washington am Mittwoch. Chinas Handelsministerium kündigte sofort an, die Schiedsstelle der Welthandelsorganisation gegen die regelwidrigen Strafzölle anzurufen. Es werde zudem mit eigenen Straflisten "mit gleicher Kraft, gleicher Summe und gleichem Ausmaß wie die US-Zölle" zurückschlagen.

Peking zeigte sich am Donnerstag demonstrativ zuversichtlich, einen Handelskrieg mit den USA gewinnen zu können. In einem Kommentar des Parteiorgans "Volkszeitung" hieß es: "Die US-Wirtschaft wird einen schweren Schlag hinnehmen müssen, wenn sie den weltgrößten Verbrauchermarkt in China verliert."

Zuspitzung nicht erwartet

Viele chinesische Experten hatten diese Zuspitzung nicht erwartet. Sie vermuten, dass sich Trump von Chinas am Montag erlassenen Strafzöllen gegen US-Agrarprodukte politisch provoziert gefühlt hat. Sie wurden als raffinierter Schachzug Pekings gewertet, da sie US-Farmer in Gebieten besonders hart treffen, wo der US-Präsident seine Hauptwählerschaft besitzt.

Wenn das stimmt, schoss sich Peking mit seinem Kalkül ins eigene Bein. Doch auch die USA überzogen. Viele Wirtschaftsprobleme zwischen USA und China haben mit dem Reformstau zu tun. Ungleicher Marktzugang für Auslandsinvestoren, Joint-Venture-Zwang, der Diebstahl geistigen Eigentums, Chinas Protektionismus zum Schutz seiner einheimischen Industrien sind berechtigte Vorwürfe und in erster Linie die Folgen fehlender Reformen.

Mehr Arbeitslosigkeit möglich

Eine befürchtete Folge der jüngsten Eskalation ist, dass Pekings Führung den Mut zu einschneidenden marktwirtschaftlichen Änderungen verlieren könnte, aus Angst, dass es ihr als Schwäche ausgelegt wird. Doch ein weiterer Stillstand der Reformen und dazu Verluste im Handelskrieg mit den USA könnten viele Ziele in den Wirtschaftsplänen des Landes zunichtemachen. Das hätte auch soziale Folgen von der Arbeitslosigkeit bis zur Armutsbekämpfung mitten in der noch nicht abgeschlossenen Umstrukturierung des Landes zu nachhaltigerem und langsamerem Wachstum. (Johnny Erling aus Peking, 5.4.2018)