Bild nicht mehr verfügbar.

US-Zölle auf Stahl und Aluminium würden auch Österreich treffen. Noch gelten sie nur gegen China, aber sie könnten erst der Anfang sein.

Foto: Reuters / CHINA STRINGER NETWORK

Wien/München – Der größte bilaterale Exporteinbruch für Österreichs Wirtschaft ist im Handelskrieg zu erwarten, wenn die USA nicht nur Stahl und Aluminium mit Strafzöllen belegen, sondern auch die Zölle in der Autoindustrie erhöhen. Österreich wäre dann mit einem Rückgang der Exporte in die USA im Ausmaß von bis zu 850 Millionen Euro konfrontiert. Zu diesem Ergebnis kommt das Münchner Ifo-Institut, das die Kosten des neuen US-Protektionismus simuliert hat.

Gegenmaßnahmen, wie sie von der EU-Kommission, China und anderen betroffenen Handelspartnern angekündigt wurden, könnten drohende Exporteinbußen etwas kompensieren. Vergeltungszölle müssten aber "wohlbemessen" sein, dann könnten sogar die realen Einkommen steigen – sofern der Fiskus Zolleinnahmen lukriere und diese zumindest teilweise von ausländischen Anbietern bezahlt werden. Diese Rechnung geht laut Ifo-Modellrechnung allerdings nur auf, "wenn die Handelspartner nicht zu Gegenmaßnahmen greifen".

Auf Kosten Dritter

Wie die deutsche Industrie warnt auch der Leiter des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft, Gabriel Felbermayr, dringend vor Alleingängen oder der Verhängung bilateraler Zölle. Die EU-Mitgliedsländer sollten unbedingt im Gleichschritt mit anderen WTO-Mitgliedern vorgehen. "Bilaterale Abmachungen sind gefährlich, weil sie zwingend auf Kosten Dritter gehen, die sich gegen ein solches Dealmaking wehren könnten", so Felbermayr in seinen wirtschaftspolitischen Empfehlungen. Nichtstun ist für die EU-Länder keine Option, sonst könnte das Vorgehen der USA Schule machen.

Das Ifo hat drei handelspolitische Szenarien in je drei unterschiedlichen Ausprägungen beziehungsweise Eskalationsstufen simuliert und analysiert:

· Szenario 1 – USA-China-Handelskonflikt: Dabei werden die Effekte der bis dato angekündigten Maßnahmen durchgerechnet, also 25-prozentige Zölle auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium gegenüber allen Handelspartnern ausgenommen EU, Argentinien, Australien, Brasilien, Kanada, Mexiko und Südkorea. Die zweite Ausformung umfasst darüber hinaus Strafzölle auf Elektronikimporte aus China im Ausmaß von 60 Milliarden US-Dollar. Die dritte Eskalationsstufe enthält darüber hinaus chinesische Zölle auf ein analoges Handelsvolumen und US-Agrarexporte.

· Szenario 2 – "Stahlkrieg": Die USA belegen per 1. Mai 2018 auch bisher ausgenommene Länder wie die EU mit Stahl- und Aluzöllen. Davon ist auch Österreich direkt betroffen, insgesamt geht es um 5,1 Prozent aller europäischen Exporte in die USA. Die weiteren Eskalationsstufen sehen Vergeltungszölle gegen US-Güter wie Jeans oder Agrifood-Produkte vor.

Die Folge: Österreichs Bruttoinlandsprodukt (BIP) würde um 46,3 Millionen Euro sinken, wobei Gegenmaßnahmen wie EU-Zölle kaum positiv für das reale BIP wirkten. Im Gegenteil, das BIP würde weiter sinken. Schutzzölle gegen Stahl- und Aluimporte nach Artikel XIX Gatt hingegen würden das BIP um 118 Millionen Euro erhöhen, weil die EU Zolleinnahmen generieren kann.

Vergeltungszölle schwächen Wirtschaft

Sobald aber alle WTO-Länder Vergeltungszölle einführen, wäre der Effekt verpufft: Das BIP würde (um 39 Mio. Euro) sinken, die Nachfrage zurückgehen, die Weltwirtschaft wäre geschwächt. Gatt-Schutzzölle könnten das BIP der EU um 3,3 Milliarden Euro erhöhen, Deutschland wäre mit plus 1,5 Milliarden Euro sogar Stahlkrieg-Sieger – aber nur so lange, bis alle Partner ihre Stahlzölle erhöhen; dann schrumpft der Zugewinn.

· Szenario 3 – "Eskalation": Dabei macht US-Präsident Donald Trump seine Drohung wahr und reagiert auf EU-Vergeltungszölle mit 25-prozentigen Zöllen auf Autos, worauf wiederum die EU weitere US-Produktgruppen mit Zöllen belegt und in der Folge alle US-Handelspartner auf die größten US-Importgruppen Vergeltungszölle verhängen. In dieser Spirale sinkt das BIP Österreichs um 238 bis 250 Millionen Euro (je nach Ausformung der Auseinandersetzung), ähnliche Effekte ergäben sich auch für die EU-28. (ung, 5.4.2018)