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Adelaide – Isolierte Inseln können erstaunliche Dinge mit ihren tierischen Bewohnern anstellen: Die Abwesenheit von Fressfeinden, die ihnen auf dem Festland zusetzen würden, und das – insgesamt geringere, für manche Arten aber auch üppige – Nahrungsangebot können Spezies schrumpfen oder wachsen lassen.

Mitunter existieren die Phänomene Inselverzwergung und Inselgigantismus sogar nebeneinander: Auf der Insel Flores beispielsweise lebte der maximal 1,20 Meter hohe "Hobbit" als Zwergform des Menschen neben dem Stegodon, einem Elefantenverwandten, dessen Schulterhöhe ebenfalls nur 1,20 Meter betrug, während ein Festland-Stegodon über drei Meter erreichte. Überragt wurden die beiden Miniatur-Spezies von einem Marabu, der die für ein Tier aus der Storchenverwandtschaft stolze Höhe von 1,80 Meter erreichte.

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Einen anderen Vogel haben nun Forscher der Universität Adelaide ins Visier genommen: den Großen Emu (Dromaius novaehollandiae), eines der Wahrzeichen Australiens. Heute kommt der bis zu 1,90 Meter hohe und 45 Kilogramm schwere Laufvogel nur noch auf dem Festland vor.

Bis ins 19. Jahrhundert gab es Emus auch noch auf einigen größeren Inseln im Süden des Kontinents, auf King Island, Kangaroo Island und Tasmanien. Diese Landmassen waren vor 10.000 bis 15.000 Jahren noch mit dem Festland verbunden gewesen. Als der Meeresspiegel am Ende der letzten Kaltzeit stieg, saßen die großen Vögel plötzlich in sehr viel kleiner gewordenen Lebensräumen fest – und das hatte Folgen.

In Museen aufbewahrte Überreste von Insel-Emus von der Eiszeit bis in die Moderne haben Forscher um Vicki Thomson nun genauer untersucht. Zum einen wurden DNA-Analysen durchgeführt, um evolutionäre Verwandtschaftsverhältnisse zu klären. Zum anderen wurden die Knochen vermessen – insbesondere die Beinknochen geben gut darüber Aufschluss, wie groß das Tier zu Lebzeiten war.

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Es zeigte sich, dass alle Insel-Emus kleiner waren als ihre unmittelbaren Verwandten auf dem australischen Festland. Aber nicht nur das: Die Schrumpfung erfolgte offenbar im Takt mit der Größe des neuen Lebensraums. Die Emus auf der nur gut 1.000 Quadratkilometer großen King Island waren die kleinsten; sie erreichten etwa zwei Drittel der Größe ihrer Artgenossen auf dem Festland. Auf dem viermal so großen Kangaroo Island waren sie etwas weniger stark geschrumpft, ebenso die auf dem vergleichsweise riesigen Tasmanien.

Der Schrumpfungsprozess muss laut den Forschern recht schnell abgelaufen sein – und er lief auf allen drei Inseln unabhängig voneinander ab, Kontakt zwischen den verschiedenen Populationen kann es keinen gegeben haben. Die Forscher nehmen an, dass das geringere Futterangebot im geschrumpften Lebensraum dazu führte, dass sich der gleiche evolutionäre Prozess dreimal parallel abspielte – und stets die Proportion wahrend. (jdo, 7. 4. 2018)