• FIDESZ

Die ungarische Regierungspartei Fidesz-Ungarischer Bürgerverband (Fidesz-Magyar Polgari Szövetseg) ist von ihrem Selbstverständnis her eine konservativ-bürgerliche Volkspartei, die laut Beobachtern aber mittlerweile stark in Richtung Rechtsnationalismus gerückt ist. Unter dem Namen "Bund junger Demokraten" (FIDESZ) wurde die Partei am 30. März 1988 von 37 jungen Akademikern und Studenten gegründet. Nach ihrer Gründung bekannte sich die Partei zum Liberalismus, ab 1993 folgte ein Rechtsruck. Zugleich lehnte Parteichef Viktor Orban jeglichen Kontakt zu den postkommunistischen Sozialisten (MSZP) ab.

Die "Generationspartei" trat 1990 bei den ersten freien demokratischen Wahlen an und erlangte knapp neun Prozent der Stimmen. Ab Mitte der 1990er Jahre gab sich Fidesz ein neues Image, präsentierte sich als rechtskonservative Partei. Diese erlitt allerdings bei den Parlamentswahlen 1994 eine herbe Niederlage und erreichte nur sieben Prozent der Stimmen.

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Viktor Orbán, Fidesz-Spitzenkandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten.
Foto: Reuters/Szabo

Fidesz schlug wieder einen neuen Kurs ein mit dem Ziel der Vereinigung des gesamten rechten Lagers auf konservativer Basis. Der Erfolg dieser Strategie brachte der Partei, an deren Spitze Viktor Orbán im Wesentlichen seit gut einem Vierteljahrhundert steht, 1998 den Wahlsieg, in Koalition mit der Kleinlandwirtepartei. Im Jahr 2002 musste Fidesz trotz Stimmenzugewinnen aber eine überraschende Niederlage bei den Parlamentswahlen hinnehmen. Danach setzte Orban alles daran, den absoluten Führungsanspruch im rechten Lager ("Ein Lager – eine Fahne") durchzusetzen. Zugleich wurden die Netzwerke der Partei in Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur und vor allem den Medien ausgebaut.

Die Partei gewann immer mehr an Popularität, konnte aber trotzdem nicht die Wahlen 2006 gegen die Sozialisten (MSZP) gewinnen. Erst vier Jahre später, nachdem sich diese mit Korruptionsaffären und aufgeflogener Wählertäuschung selbst demontiert hatten, gelang der Orban-Partei ein überzeugendes Comeback: 2010 siegte sie mit einer überwältigenden Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament.

Ziele durchsetzten

Seit damals stellt sie zusammen mit den mit ihr untrennbar verbundenen Christdemokraten (Keresztenydemokrata Neppart, KDNP) die Regierung. Mit dieser Mehrheit im Parlament verfügte die Partei über alle Mittel, um rücksichtslos ihre Ziele durchzusetzen: das Justizsystem umzubauen, die öffentlich-rechtlichen Medien zu zentralisieren, die Verfassung nach eigenem Gutdünken neu zu schreiben und alle Gesetze nach Belieben im Eiltempo durch das Parlament zu bringen. Fidesz sprach von einem "Freiheitskampf" für die Rechte der Magyaren und gegen Multis, Finanzmärkte, gegen die "Brüsseler Diktatur" – während die Regierung gleichzeitig die EU-Förderungen nur allzu gerne annahm.

Bei der Wahl 2014 konnte die Partei ihre Zwei-Drittel-Mehrheit noch knapp verteidigen, doch ging diese später durch eine Nachwahl im Jahr 2015 verloren. Während der Flüchtlingskrise 2015 schottete Orban Ungarn mittels eines Grenzzauns im Süden gegen Flüchtlinge ab und steigerte die Beliebtheit seiner Partei.

Fidesz verstand und versteht es als geeinte Partei, mit einem mit fester Hand regierenden charismatischen Parteichef, mit der Vision des bürgerlichen Ungarn und dem "Freiheitskampf gegen die Feinde des Landes" zu punkten, unter denen derzeit der ungarischstämmige US-Milliardär George Soros und die "Migranten", die er angeblich in Europa ansiedeln will, die Spitzenplätze einnehmen.

Fidesz wird laut Umfragen auch die Wahlen im April 2018 gewinnen. Allerdings erscheint eine erneute Zwei-Drittel-Mehrheit laut Beobachtern zunehmend unwahrscheinlich.

Fidesz ist – trotz aller Kritik aus dem Ausland – Mitglied der Europäischen Volkspartei (EVP). Die Partei wird aufgrund ihres teils autoritären und rechtskonservativen Politikstils eher zum rechten Rand dieser Europapartei gezählt.

  • Jobbik – Bewegung für ein besseres Ungarn

Die Jugendbewegung Jobbik war 2003 zur rechtsradikalen Partei geworden, radikalisierte sich vor allem um 2006. Das war die Zeit, als die Stimmung gegen die sozialliberale Regierung von Ferenc Gyurcsany immer radikaler wurde, als er seine sogenannte "Lügenrede" hielt, die zu schweren Ausschreitungen führte. Damals wurde Gabor Vona Parteichef und die später verbotene paramilitärische Ungarische Garde gegründet; Antisemitismus und Roma-Feindlichkeit bestimmten das Handeln der Partei. Heute will sich Jobbik hingegen als konservative "Volkspartei" verstanden wissen, wobei der Wandel zur modernen konservativen Partei von vielen Seiten hinterfragt wird.

Bei seinem Einzug ins Parlament 2010 sicherte sich Jobbik 47 Mandate, 2014 dann 23 Mandate und wurde jeweils drittstärkste Partei in Parlament. Bei den EU-Wahlen 2014 holte Jobbik den größten Oppositionsrivalen, die Sozialisten (MSZP), ein und sicherte sich mit drei Mandaten das zweitbeste Ergebnis hinter der rechtskonservativen Regierungspartei Fidesz.

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Gábor Vona, Spitzenkanidat für Jobbik.
Foto: AP/Mathe

Im Wahlprogramm 2018 von Jobbik stehen soziale Themen im Mittelpunkt, wie der miteingebrachte Vorschlag einer Lohnunion in der EU. Während Jobbik sich noch vor Jahren für den Austritt Ungarns aus der Europäischen Union eingesetzt hatte, beteuert die Partei heute ihre pro-europäische Ausrichtung. Jobbik stimmt außerdem gegen die Flüchtlingsquoten der Union und für den Grenzzaun. Die Partei sieht sich als Alternative für die von Fidesz enttäuschten Ungarn, die einen Regierungswechsel wollen. Dabei lehnt Jobbik ein Wahlbündnis mit der sozialliberalen Opposition ab, die ihre Kräfte in Sinne der Abwahl von Premier Viktor Orban vereinen will. International ist die Partei nach wie vor isoliert: Sie gehört keiner europäischen Partei bzw. EP-Fraktion an, strebt allerdings eine Annäherung vor allem an die Konservativen (EKR) an.

  • MSZP – Ungarische Sozialistische Partei

Die Ungarische Sozialistische Partei (MSZP) ist eine sozialdemokratische Partei, die 1989 nach der Auflösung der kommunistischen Staatspartei (MSZMP) gegründet wurde. Bei den ersten freien Parlamentswahlen 1990 ging die MSZP angesichts des niedrigen Stimmenergebnisses von rund zehn Prozent in die Opposition. 1994 erzielte die Partei bei den Wahlen dann absolute Stimmenmehrheit im Parlament, bildete dennoch eine Koalition mit dem liberalen Bund Freier Demokraten (SZDSZ) unter Regierungschef Gyula Horn.

Bei den Parlamentswahlen 1998 verlor die Koalition ihre Stimmenmehrheit, wurde durch die rechtskonservative Partei Fidesz und ihren Bündnispartnern abgelöst. Dann folgten Wahlsiege in den Jahren 2002 und 2006. Doch durch die "Lügenrede" von Regierungschef Ferenc Gyurcsany kurz nach der Wahl 2006 verlor die Partei rapide an Zuspruch und musste 2010 eine kolossale Niederlage einfahren. 2011 kam es zu einer Spaltung, als Gyurcsany gemeinsam mit mehreren Mitstreitern die Partei verließ.

Gergely Karácsony, Spitzenkandidat der Ungarischen Sozialistische Partei.
Foto: AFP/Kisbenedek

Seit der erneuten Wahlschlappe 2014 ging es in der Wählergunst nur noch bergab. Auch vor den Wahlen im April 2018 steckt die MSZP in einer schweren Krise. Unter dem 2016 gewählten Parteichef Gyula Molnar konnte die MSZP nicht aus dem Popularitätstief finden. Umfragen zufolge liegt die Partei erstmals seit 25 Jahren im einstelligen Bereich. Als Nachfolgepartei der Kommunisten wird sie immer noch verantwortlich gemacht für die Fehler der Vergangenheit. Zum Niedergang der Sozialisten haben auch innere Machtkämpfe sowie der Eklat um die Aufstellung eines eigenen Spitzenkandidaten für die Parlamentswahlen 2018 beigetragen.

Letztlich holte sich MSZP in der Person des populären Gergely Karacsony von der Kleinpartei "Parbeszed" (Dialog) gar einen Spitzenkandidaten von außen. Dieser lehnt jede Zusammenarbeit mit der rechtsnationalen Jobbik-Partei ab. Das Wahlbündnis zwischen den beiden Parteien könnte allerdings MSZP bei dem Votum in die Bredouille bringen, da Parteienbündnisse mindestens 10 Prozent der Listenstimmen erreichen müssen, um ins Parlament einziehen zu können. Laut Umfragen könnte es für MSZP und Parbeszed daher knapp werden.

Die MSZP ist Mitglied der Sozialdemokraten Europas (SPE) bzw. der sozialdemokratischen EP-Fraktion (S&D).

  • Die Grünen: LMP ("Politik kann anders sein")

Die grüne Partei LMP ("Lehet mas a politika" – Politik kann anders sein) wurde 2009 aus Anlass der Europawahlen gegründet, indem sich kleine Umwelt- und Zivilrechtsgruppen vereinten. Laut Gründungsurkunde gilt LMP als liberale Partei der linken Mitte, die auch auf konservativen Traditionen aufbaut. Als wichtigste Aspekte betrachtet die LMP die Fragen der sozialen Gerechtigkeit sowie die des Umweltschutzes und der ökologischen Nachhaltigkeit. Aktuell hat die Partei auch den Kampf gegen die "Korruptheit" der gegenwärtigen politischen Elite auf ihre Fahnen geschrieben.

Die LMP präsentierte sich stets als unabhängige Kraft, selbst wenn sie damit die Wiederwahl von Premier Viktor Orban begünstigte, konstatieren Politologen. Auch vor den bevorstehenden Parlamentswahlen am 8. April sind Alleingänge charakteristisch, wobei auch eine mögliche Zusammenarbeit mit der rechtsnationalen Jobbik-Partei und der Kleinpartei Momentum nicht ausgeschlossen wurden.

Bernadett Szél.
Foto: AFP/Kisbenedek

Bei den Parlamentswahlen 2010 sicherte sich die LMP 16 Parlamentsmandate, die durch den Austritt eines Partei- und Fraktionsmitgliedes auf 15 verringert wurden. Innere Kämpfe bestimmten auch weiter die Formation, in der es 2013 zur Spaltung kam, als acht der 15 Mitglieder der LMP-Parlamentsfraktion austraten. Das Fortbestehen der geschrumpften Fraktion wurde nur mittels Zustimmung des Verfassungsgerichtes ermöglicht. Bei den Parlamentswahlen 2014 konnte die Partei nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde überwinden und sich fünf Mandate sichern. Bei den EU-Wahlen 2014 errang die LMP ein Mandat. Die Partei ist seit 2011 Mitglied der Europäischen Grünen Partei (EGP).

An der Spitze der LMP stehen als Co-Vorsitzende Bernadett Szél und Akos Hadhazy. Szel ist zugleich Spitzenkandidatin der Grünen. Die 41-Jährige gehört zu den populärsten Politikern des Landes. Zu ihrem Programm gehören akzeptable Gehälter, kostenlose Gesundheitsversorgung für alle, Verdopplung der Ausgaben für Unterrichtswesen, Abrechnung mit Korruption und Unterstützung heimischer klein- und mittelständischer Unternehmen.

  • Demokratische Koalition

Nach harten Flügelkämpfen innerhalb der Sozialisten (MSZP) kam es im Oktober 2011 zu Spaltung der Partei. Dabei trat Ex-Premier Ferenc Gyurcsany (2004-2009) mit acht Parlamentariern aus der MSZP-Fraktion aus und gründete seine eigene Partei namens Demokratische Koalition (Demokratikus Koalicio, DK). Die DK ist sozialliberal und pro-europäisch ausgerichtet, strebt nach eigenen Angaben nach der "Rettung der Demokratie in Ungarn" und präsentierte sich als Sammelbewegung für Mitte-Links-Sympathisanten.

Doch es war Parteichef Gyurcsany selbst, der als größtes Hindernis für diese Entwicklung galt. Nach seiner sogenannten Lügenrede, in der er 2006 zugab, die Wähler über den wahren Zustand des Landes belogen zu haben, galt der damalige Regierungschef als Symbol einer gescheiterten Ära. Trotz seines Rücktritts als Premier 2009 wurde er für die verheerende Wahlniederlage der Sozialisten 2010 verantwortlich gemacht. Aus diesem Grund galt eine Koalition mit der DK lange Zeit als politischer Selbstmord.

Dennoch wurde die Partei von Gyurcsany bei den Parlamentswahlen 2014 seitens der demokratischen Opposition mit ins Boot geholt, gehörte zum linken Wahlbündnis. Die DK zog mit vier Abgeordneten ins Parlament ein, konnte jedoch keine Fraktion bilden. Bei den Europawahlen 2014 sicherte sich die Partei zwei Mandate im Europaparlament. Im Vorfeld der bevorstehenden Parlamentswahlen ist es Gyurcsany, der sich stets aktiv für einen allseitigen Zusammenschluss der Opposition mit dem Ziel der Abwahl von Premier Viktor Orban einsetzt.

  • Momentum

Momentum ist eine im März 2017 gegründet Kleinpartei, die hauptsächlich von jungen Leuten mit akademischen Hintergrund getragen wird. Die Partei deklariert sich als pragmatisch und pro-europäisch. Mit der No-Olympia-Kampagne trat sie 2017 erstmals größer in Erscheinung. Für ein Referendum gegen die Olympiapläne 2024 der ungarischen Führung konnte Momentum in kürzester Zeit die nötigen Unterschriften sammeln und die Regierung damit zum Rückzug zwingen.

Im Wahlkampf 2018 positioniert sich Momentum offen gegen den rechtskonservativen Premier Orban und dessen Fidesz-Partei. Momentum wolle nicht nur Orban ablösen, sondern die ganze politische Elite, hatte Parteichef Andras Fekete-Györ verkündet. In diesem Sinne ist die Partei auch bereit zur Kooperation mit anderen Parteien. Im Wahlprogramm dräng Momentum auf soziale Gerechtigkeit, Reformen im Bildungs- und Gesundheitswesen, ein progressives Steuersystem, verkünde weiter den Kampf gegen Korruption und Günstlingswirtschaft.

  • Ungarische Partei des zwischwänzigen Hundes (MKKP)

MKKP ist eine 2006 gegründete, doch erst 2014 nach Anrufung des Obersten Gerichtes registrierte (Satire-)Partei. Sie verfolgt das Ziel, das ungarische politische Leben zu parodieren. Damit möchte die Partei auf Missstände im Land wie Korruption und Freunderlwirtschaft aufmerksam machen und die politischen Eliten provozieren. Sie verwendet bei ihren Aktionen kreative Mittel der Street Art. Laut dem Parteivorsitzenden Gergely Kovacs wolle die MKKP desillusionierte Wähler aufrütteln, den Wahlkampf für die Wähler genießbarer und für die Politiker nervtötender machen.

In ihrer ersten Wahlkampagne 2010 versprach die MKKP ein "ewiges Leben", Freibier und Steuersenkungen. Mit humoristischen Plakatkampagnen protestierte sie gegen Premier Orban und dessen Migrationspolitik. Zuletzt konnte sie am Nationalfeiertag, dem 15. März 2018, sogar Tausende Menschen für eine Demonstration in Budapest mobilisieren, die eine Gegenveranstaltung und Parodie des am gleichen Tag stattfindenden "Friedensmarsches" von Fidesz-Anhängern darstellte. (APA, 5.4.2018)