Carles Puigdemont spazierte am Freitag kurz vor 14 Uhr aus dem Gefängnis.

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Kurz danach sprach er vor Journalisten. Am Abend ist eine längere Pressekonferenz geplant.

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Katalanische Flaggen vor der Haftanstalt Neumünster bei Kiel, die der frühere Regionalpräsident Carles Puigdemont am Freitag unter Auflagen verlassen durfte. Er muss allerdings in Deutschland bleiben.

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Barcelona/Madrid/Berlin – Der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont hat am Freitag seinen Festhaltegewahrsam in Schleswig-Holstein verlassen. Er spazierte kurz vor 14 Uhr aus der Haftanstalt Neumünster nahe Kiel. Zuvor hatte die deutsche Justiz seine Enthaftung angeordnet, nachdem der ehemalige Regionalpräsident von Katalonien seine Kaution von 75.000 Euro bezahlt hatte. Allerdings muss er einige Bedingungen erfüllen. Dazu zählt, dass er Deutschland nicht verlassen darf und sich regelmäßig bei der Polizei melden muss.

Nach seiner Entlassung sprach Puigdemont vor den Journalisten, die sich vor der Haftanstalt versammelt hatten. Er forderte dabei die spanischen Behörden zum Dialog auf. Madrid habe keine Entschuldigung dafür, Gespräche zu verweigern. Es sei eine "Schande für Europa", dass es politische Gefangene gebe.

Kurz vor seiner Freilassung hatte Puigdemont allerdings schon die Fortsetzung der Bemühungen zur Abspaltung Kataloniens von Spanien angekündigt. "Wir müssen unsere Position beibehalten und niemals zurückweichen", stand am Freitag auf seinem Twitter-Account. "Man muss mit Hoffnung und Optimismus in die Zukunft blicken. Wir haben das Recht zu verhindern, dass man uns unsere Zukunft stiehlt." Per Hashtag forderte er "LlibertatPresosPolitics" (Freiheit für politische Gefangene).

Das Oberlandesgericht Schleswig hatte am Donnerstag zwar einen Auslieferungshaftbefehl erlassen, diesen aber unter Auflagen ausgesetzt. Zudem hatte es den Auslieferungshaftbefehl nur wegen des Vorwurfs der Untreue erlassen und den von der spanischen Justiz vorgebrachten Hauptvorwurf der Rebellion verworfen. Zum Untreuevorwurf hält das Gericht außerdem weitere Klärungen und mehr Informationen für nötig.

Enttäuschung bei Spaniens Regierung

Die spanische Regierung reagierte mit Bedauern auf die deutsche Entscheidung. "Einige Justizentscheidungen gefallen uns besser, andere weniger", sagte Justizminister Rafael Catalá. Justizentscheidungen seien aber zu akzeptieren. Über einen etwaigen Einspruch müsse die deutsche Staatsanwaltschaft entscheiden.

Viele Katalanen nahmen die Nachricht aus Deutschland hingegen mit Begeisterung auf, größere Kundgebungen fanden am Abend jedoch nicht statt.

Nun erwägt die spanische Justiz einen Gang vor den Europäischen Gerichtshof. Höchstrichter Pablo Llarena ziehe "ernsthaft" die Möglichkeit in Erwägung, die Luxemburger Richter um eine Vorabentscheidung zu ersuchen, berichtet die Tageszeitung "El Mundo" (Internetausgabe

"Für Demokratieverständnis richtungsweisend"

Puigdemonts Anwälte erklärten zum Untreuevorwurf: "Wir respektieren, dass das Gericht in dieser für das europäische Demokratieverständnis richtungsweisenden Sache nicht über die Auslieferung entscheiden möchte, ohne der spanischen Justiz noch ein weiteres Mal Gelegenheit zu geben, den einzig noch in Betracht kommenden Vorwurf zu belegen."

Puigdemont war seit 25. März im Gefängnis von Neumünster in Gewahrsam, nachdem er auf der Rückfahrt von einer Skandinavienreise in Schleswig-Holstein festgenommen worden war. Grundlage war ein Europäischer Haftbefehl. Die Generalstaatsanwaltschaft von Schleswig-Holstein hatte das spanische Auslieferungsersuchen für zulässig erachtet und beim Oberlandesgericht einen Auslieferungshaftbefehl beantragt.

Anwalt feiert "großen Erfolg"

Hintergrund ist das von der spanischen Regierung untersagte und vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig eingestufte Referendum vom 1. Oktober 2017 über die Unabhängigkeit Kataloniens sowie ein anschließender Abspaltungsbeschluss der Separatisten. Puigdemont war angesichts des massiven Vorgehens der spanischen Behörden nach Belgien geflüchtet.

Die deutsche Entscheidung bedeutet laut seinem spanischen Anwalt Jaume Alonso-Cuevillas einen "großen Erfolg". Denn mit dem Vorwurf der Rebellion drohten Puigdemont in Spanien bis zu 30 Jahre Haft. Sollte er von Deutschland tatsächlich noch nach Spanien ausgeliefert werden, dürfte er dort allenfalls noch wegen Untreue angeklagt werden, weil Rebellion als Auslieferungsgrund abgelehnt wurde. (APA, red, 6.4.2018)