Woher diese breitmassig anwachsenden Gefühle vom dräuenden Untergang? Wie, zum Henker, war es möglich, diese Gefühle ohne Rücksicht auf Verluste auf medial gut aufgearbeitete Sündenböcke abzuwälzen, ohne dass die sogenannte Mitte der Gesellschaft alarmiert war, ohne dass sie aufschrie? Seit wann ist es so, dass der Umgangston eines Heinz-Christian Strache immer mehr zum politischen Common Sense gehört? Dass (ja, auch bürgerliche) Werte wie Humanismus, Handschlagqualität und Verantwortung als lästiger Ballast über Bord geworfen werden, damit der mit heißer Luft leerer Versprechen gefüllte Regierungsballon zügiger steigt?

Sollten Bilder des Kanzlers beim Papst darüber hinwegtrösten, dass er massive Belastungen der Ärmsten plant – um die Starken zu entlasten? Wie ist diese Realität der an die Macht gestoßenen Burschenschafter über uns hereingebrochen, die immer alltäglicher wird? Seit wann ist es extrem links, dies zu kritisieren? Und von welchem Blickwinkel aus ergibt sich diese Verortung?

Wann genau ist es eigentlich normal geworden, einen Kanzler zu haben, der Holocaustüberlebenden ins Gesicht sagt, er sei gegen Antisemitismus, obwohl er gleichzeitig mit einer immer wieder rechtsextrem und antisemitisch ausfälligen Partei koaliert, ohne mit der Wimper zu zucken?

Warum schweigen jene, die sich als konservativ, aber nicht radikal wahrnehmen, zu den gefährlichen Vorgängen rund um BVT, AMS und geplanter Massenüberwachung? Wo bleibt die Positionierung jener, die ein freies, nachhaltig und verantwortlich agierendes Land zu bewohnen wünschen?

Sind wir in einem tückischen Kontinentaldrift Staaten wie Polen oder Ungarn näher gerückt, und ist dieser Prozess noch umkehrbar? Hinter dem Theaterdonner der Regierung, der einschneidende Demontagen und Entstellungen des Sozialsystems überdecken soll, liegen einige Antworten. (Julya Rabinowich, 6.4.2018)