Ein staatliches Museum stellt revolutionäre Kunst aus einem Nachbarland aus, mit dem es einen Konflikt gibt. Ein mit dem Gastland befreundeter Staat kommt in der Schau und im Katalog ziemlich schlecht weg. Und die Eröffnung fand mitten in einem nationalistisch aufgeheizten Wahlkampf statt. Keine günstige Konstellation, doch die befürchteten Misstöne blieben aus.

Die Gegenwartskunst in der Ukraine sei extrem lebendig, sagt Julia Fabényi, Direktorin des Budapester Ludwig-Museums, aber sie sei immer noch ein blinder Fleck auf der kulturellen Landkarte Europas. Permanente Revolution ist der Titel der Ausstellung, die Fabényi am Donnerstag eröffnete, er verweist darauf, dass ukrainische Künstler seit der Unabhängigkeit des Landes ständig auf die politischen Unruhen reagieren, andererseits auch auf die durch Korruption und Oligarchentum hervorgerufene Grabesruhe.

Die meisten Exponate verstören

Die Arbeiten von 37 Künstlern zeigen, wie vielfältig diese Reaktionen sind. Ein überdimensionales Schachbrett aus kleinen Aquarellen stellt das Tagebuch von Vlada Ralko während der Monate der Euromaidan-Besetzung dar. Jevgen Nikiforow hat fotografisch dokumentiert, was aus den Monumenten der Sowjetzeit geworden ist – eher Schrott und clowneske Verkleidung in den Zentren, mehr Respekt in den Dörfern. "Büroaffen", kleine Angestelltenfiguren auf einem Leuchttisch, sollen die "schimmelige" Existenz der Mittelschicht darstellen (Oleksiy Sai), Fotos von Bergarbeitern nackt bzw. in Ballettkleidern verweisen hingegen auf die absurde und gefährliche Arbeitswelt im Donbass.

Die meisten Exponate verstören. Alexander Roytburd, 1961 in Odessa geboren, kombiniert Material des Filmpioniers Dziga Vertov mit den seinerzeit tabuisierten Themen von Eros und Thanatos – sprich Ausschnitten aus Pornofilmen und Dokumentationen von Autopsien.

Brachial oder ironisierend, pathetisch oder subtil behandeln die Arbeiten vor allem den Konflikt der Ukraine mit Russland. Im Vorfeld gab es Vermutungen, dass dies in Ungarn nicht so gern gesehen wird, hat die jetzige und wahrscheinlich nächste Regierung doch gute Beziehungen zu Putin und weniger gute zur Ukraine – seit zwei Jahren schwelt ein Konflikt mit der ungarischen Minderheit im Westen des Landes.

Keine Probleme mit Behörden

Zenko Aftanaziv berichtet jedoch von nur anfänglichen Schwierigkeiten mit den Behörden. Die Stiftung des ukrainischen Politikers und Sammlers unterstützt die Schau mit Geld und Leihgaben. "Die Behörden haben keine Schwierigkeiten gemacht", eine Einschätzung, die Co-Kurator Konstantin Akinsha teilt. "Sie lassen das Museum in Ruhe. Die Ukraine ihrerseits unterstützt die Ausstellung trotz der massiv kritischen Haltung der Produzenten."

Zur Eröffnung kam denn der ukrainische Botschafter – und seine Kollegen aus den USA, Frankreich und Mexiko. Ungarische Vertreter waren nicht anwesend. Die hätten in den letzten Tagen des Wahlkampfs genug anderes zu tun, meint Fabényi. "Und das war besser so, da konnte niemand ins Fettnäpfchen treten." (Michael Freund aus Budapest, 6.4.2018)