Lewis Hamilton mit seinem Silberpfeil in der Wüste. Neben dem Training interessierten am Freitag in Sakhir vor allem die geplanten Reformen, die noch heftige Diskussionen nach sich ziehen könnten.

Foto: APA/AFP/GIUSEPPE CACACE

Bild nicht mehr verfügbar.

Formel-1-CEO Chase Carey plant einige gravierende Neuerungen. So soll etwa die Ausgabengrenze für alle kommen, sollen billigere, simplere und lautere Motoren eingeführt werden und durch mehr Überholmanöver der Fahrer wieder mehr ins Rampenlicht rücken.

Foto: REUTERS/Hamad I Mohammed

Sakhir – Kaum hatten die Formel-1-Besitzer ihr Spardiktat verkündet, trafen sich die Teamspitzen von Ferrari und Mercedes zum Gipfel der Unzufriedenen. Demonstrativ steckten Scuderia-Chef Maurizio Arrivabene und die Silberpfeil-Bosse Toto Wolff und Niki Lauda am Freitag im Fahrerlager von Bahrain die Köpfe zusammen und diskutierten die für 2021 geplanten Reformen der Rennserie.

Eine Budgetgrenze, weniger Bonuszahlungen für die Top-Teams, vereinfachte Motoren und weniger technische Spielereien – mit diesen Plänen macht sich Geschäftsführer Chase Carey bei den Branchenriesen wohl eher unbeliebt. Der Reformkurs könnte deshalb zur Zerreißprobe in der Königsklasse der Motorsports werden, hatte doch Ferrari schon in der Vergangenheit mehrmals mit Ausstieg gedroht.

Vortrag ohne Diskussionsmöglichkeit

75 Minuten lang hatten Carey und Formel-1-Sportchef Ross Brawn den Verantwortlichen der zehn Rennställe am Freitagvormittag an der Strecke von Sakhir die Kernpunkte der Reformen erklärt. Eine Diskussion war nicht erwünscht. "Die Teams müssen das jetzt erstmal verdauen, dann werden die sachlichen Debatten beginnen", sagte Brawn. Die Frage ist nur, ob Ferrari und Mercedes wirklich in Gespräche über Details einsteigen wollen oder eher in die Opposition gehen.

"Einige Punkte sind überfällig, notwendig oder gut, andere sind eine größere Herausforderung", sagte Mercedes-Teamchef Wolff, der Nachbesserungen erwartet. Noch deutlicher ließ Team-Aufseher Lauda seinen Unmut über die geplanten Einschnitte erkennen.

Einschnitte für Branchenriesen

Dass die beiden stolzen Hersteller künftig wie alle anderen an eine Ausgabengrenze von 150 Millionen Dollar (122,35 Mio. Euro) pro Jahr gebunden sein sollen, wie manche Medien berichten, gefällt ihnen ebenso wenig wie die Einführung billigerer und simplerer Motoren. Die Branchenriesen müssten bis 2021 reihenweise Stellen streichen, bekämen viele Millionen weniger aus dem Einnahmentopf und würden vermutlich viel von ihrem Vorteil gegenüber der Konkurrenz einbüßen.

Genau darauf zielen die Formel-1-Besitzer von Liberty Media. Sie wollen die Gelder und die Chancen in der Rennserie gleichmäßiger verteilen. Private Teams wie Force India, Sauber, Williams oder Haas, die derzeit ohne realistische Aussicht auf Siege gefährlich nah am Rand des finanziellen Ruins mitfahren, sollen künftig konkurrenzfähig und profitabel sein. Zugleich wollen die Eigentümer ihr Produkt auch für neue mögliche Einsteiger – wie Porsche? – aufhübschen.

"Wir sind getrieben von einem Wunsch: die führende Sportmarke der Welt zu erschaffen", betonte Geschäftsführer Carey. Bis 2020 ist der US-Amerikaner mit dem markanten Schnauzbart noch an den Grundlagenvertrag gebunden, den sein Vorgänger Bernie Ecclestone mit den Teams ausgehandelt hatte. Das Geschäftsmodell von Zampano Ecclestone aber hat sich überlebt, die Formel 1 muss sich für die Zukunft rüsten.

Lautere Motoren und mehr Überholmanöver

Die Reformen der US-Besitzer sollen zum Erfolg führen, auch wenn die öffentlich verkündeten Eckpunkte zumeist noch im Ungefähren blieben. Lautere Motoren, mehr Überholmanöver, der stärkere Fokus auf den Fahrer als Helden im Cockpit – mit diesen Zielen dürften die Chefs der Königsklasse des Motorsports immerhin den Nerv der meisten Fans treffen.

Die Mehrheit der Teams hat Carey wohl ebenfalls auf seiner Seite, auch das österreichische Team von Red Bull, das dank der Zuschüsse des Getränke-Konzerns noch am ehesten Mercedes und Ferrari angreifen kann, begrüßt die Reformansätze. Eigentümer Dietrich Mateschitz hatte bereits mehrfach die Zukunft seiner Rennställe Red Bull und Toro Rosso wegen der hohen Kosten und der zu geringen sportlichen Ertragsaussichten infrage gestellt.

So läuft alles auf eine Machtprobe zwischen Liberty Media auf der einen Seite und Ferrari und Mercedes auf der anderen hinaus. Sergio Marchionne, der mächtige Fiat-Präsident, fehlte beim Spitzentreffen in Bahrain. Vorab hatte der 65-Jährige mit dem Ausstieg der Scuderia gedroht, sollten die Reformen ihm nicht gefallen: "Wenn aus dem Sport eine Art Supermarkt werden soll, dann interessiert mich das überhaupt nicht." Nun wartet die Formel 1 auf Marchionnes Urteil. (APA, 6.4.2018)