Gábor Vona, Chef der ungarischen Partei Jobbik.

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Zwei Adelstitel gibt es für die Stellung eines Politikers in seiner Partei: "Urgestein" und "neues Gesicht". Gábor Vona, Chef der weit rechts stehenden ungarischen Jobbik, schafft das Kunststück, beides im Image einer Person zu vereinen.

Vona war bereits im Kreis jener antikommunistischen Studenten aktiv, die sich 2003 gemeinsam zur Gründung einer eigenen Partei entschlossen hatten. Nur drei Jahre später wurde er ihr Chef. Und heute gilt ausgerechnet Vona als derjenige, der für frischen Wind sorgt und vom rechten Rand aus in die politische Mitte rückt – während die Regierungspartei Fidesz von Premier Viktor Orbán immer weiter nach rechts abdriftet.

Auch vor den Parlamentswahlen am Sonntag stand dieses Narrativ im Zentrum von Vonas politischer Eigendarstellung – verstärkt durch das jugendliche und gleichzeitig um Seriosität bemühte Auftreten des 39-Jährigen, der mit Frau und Sohn in Óbuda im Norden Budapests lebt. Aggressive Rhetorik und rechte Symbolik hat Vona aus seiner Kommunikationsstrategie weitgehend verbannt. Und auf den ersten Blick scheint er seiner äußeren Mäßigung auch inhaltlich gerecht zu werden: Vom einst offenen Antisemitismus und den Anti-Roma-Kampagnen seiner Partei ist heute nicht mehr viel zu sehen. Auch ein EU-Austritt steht mittlerweile nicht mehr auf dem Programm.

Wolf im Schafspelz

Kritiker jedoch sehen in Vona, der einst auch Vorsitzender der rechtsextremen und mittlerweile verbotenen Ungarischen Garde war, einen Wolf im Schafspelz und warnen vor seiner neuen Strategie: Es gehe ihm lediglich darum, neue Wählerschichten zu erschließen, zumal rechts von Orbán kaum noch Platz sei. Dazu passe auch ein neues Bild von Europa, das derzeit viele rechtsextreme Parteien entwickeln, indem sie die Ablehnung der Migration von außen in den Vordergrund stellen.

Als Vorbild beim Kampf für kulturelle Identität hat Vona einmal ausgerechnet den Islam bezeichnet. Er sei zwar nicht "für Selbstmordattentäter", schrieb er einmal. Aber in puncto Traditionswahrung sei der Islam eben "die letzte Bastion der Menschheit" .

Der studierte Historiker, der früher als Geschichtelehrer arbeitete, hat noch einen anderen Vergleich parat, mit dem er bei Fachkollegen gehörig anecken dürfte: Nur im Mittelalter sei die antike Tradition aufrechterhalten worden. Mit Renaissance, Aufklärung und Moderne jedoch sei die Finsternis eingezogen. (Gerald Schubert, 6.4.2018)