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Strabag-Aktionär Oleg Deripaska (re.) tauscht sich regelmäßig mit Russland Präsident Putin aus.

Foto: ap/Mikhail Klimentyev

Moskau/Washington – Das russische Außenministerium hat eine "harte Antwort" auf die jüngsten US-Sanktionen angekündigt. In einer am Freitagabend in Moskau verbreiteten Erklärung bezeichnete es die Maßnahmen der USA als "anti-russischen Angriff". Solche Angriffe würde auch in Zukunft nicht ohne Reaktion aus Moskau bleiben.

Die USA müssten begreifen, dass sich Russland "durch keinerlei Zwangsmaßnahmen von seinem Kurs abbringen" lasse. Die US-Regierung hatte zuvor gezielte Strafmaßnahmen gegen bestimmte russische Oligarchen, Regierungsmitglieder und Firmen verhängt. Sie begründete die Sanktionen mit den "andauernden und immer dreisteren boshaften Aktivitäten der russischen Regierung überall in der Welt". Durch die Sanktionen werden mögliche Bankkonten und Vermögenswerte der Betroffenen in den USA eingefroren und US-Bürgern verboten, mit ihnen Geschäfte zu machen.

"Diebstahl"

Das Außenministerium in Moskau rückte dies in seiner Erklärung in die Nähe einer Straftat: "Washington vergisst, dass die Beschlagnahme von Privateigentum und Geld Diebstahl ist." Mit den Maßnahmen gegen russische Unternehmen versuche die US-Regierung, "Konkurrenten am Weltmarkt zu eliminieren".

Die Beziehungen zwischen Washington und Moskau sind ohnehin durch die kürzlichen gegenseitigen Ausweisungen von jeweils 60 Diplomaten schwer belastet. Die Ausweisungen erfolgten im Zuge des Streits um den Giftanschlag in England auf den Ex-Spion Sergej Skripal und dessen Tochter.

Gesetz zu Cyberinterventionen

Die am Freitag verkündeten Maßnahmen der USA beruhen auf einem Gesetz, das der Kongress im vergangenen Jahr als Antwort auf die mutmaßlichen russischen Cyberinterventionen in den US-Wahlkampf 2016 verabschiedet hatte. Präsident Donald Trump hatte das Gesetz nur zögerlich abgezeichnet, dann aber Mitte März auf dessen Grundlage eine erste Runde von Sanktionen verhängt.

Durch die jetzigen neuen Maßnahmen zieht er die Sanktionsschraube deutlich fester an. Finanzminister Steven Mnuchin begründete sie unter anderem mit den "boshaften Cyberaktivitäten" Russlands und Versuchen, westliche Demokratien zu "untergraben". Er nannte auch die russische Annexion der Krim-Halbinsel, ein Anheizen des Konflikts in der Ostukraine und die Unterstützung der Regierung von Syriens Machthaber Baschar al-Assad als Gründe.

Elite profitiere überproportional

Die gezielten Strafmaßnahmen gegen einzelne Oligarchen begründete Mnuchin damit, dass die russische Elite überproportional von den Aktivitäten ihrer Regierung profitiere.

Der russische Oligarch Oleg Deripaska, Miteigentümer der österreichischen Strabag, bezeichnete die US-Entscheidung als "unbegründet, lächerlich und absurd", wie ein Sprecher des russischen Industriekonzerns Basic Element am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters mitteilte.

Ihn auf die Sanktionenliste zu setzen, dürfte auch weltweit Wellen schlagen. Denn Deripaskas Wirtschaftsimperium hat globale Verzweigungen und zählt wichtige Großfirmen zu seinen Partnern. Deripaska, dessen Vermögen von Forbes auf 6,7 Mrd. Dollar (5,5 Mrd. Euro) geschätzt wird, hält nicht nur eine Sperrminorität an der Strabag, sondern ist auch Haupteigentümer des Konzerns EN+, der Anteile an zwei der weltweit größten Metallproduzenten, Rusal und Nornickel hält.

Einer der größten Aluminiumhersteller

Die in Hongkong börsennotierte Rusal ist einer der größten Aluminiumhersteller der Welt. Zehn Prozent der Produktion werden in die USA ausgeführt. Investitionen gibt es in Italien, Irland, Schweden, Nigeria, Guyana und Guinea. Außerdem hält Rusal eine Beteiligung an dem australischen Aluminiumverarbeiter QAL.

Nornickel wiederum hat Investitionen in Finnland, Australien und Südafrika, wo es 50 Prozent an der Nickelkonzentrat-Produktion Norilsk Nickel Nkomati hält.

Probleme für VW?

Aber Probleme könnte es auch für Partnerfirmen wie VW oder Glencore geben. Das US-Finanzministerium gab bekannt, US-Firmen würde "generell verboten, Geschäfte mit" Personen und Firmen auf der Sanktionenliste zu machen. Auch Firmen außerhalb der USA könnten mit Sanktionen belegt werden, wenn sie wissentlich signifikante Transaktionen für oder im Namen von sanktionierten Einheiten ermöglichen.

VW hat eine gemeinsame Fabrik mit dem russischen Autohersteller GAZ, der eine Tochter der Deripaska-Firma Basic Element ist, die am Freitag ebenfalls mit Sanktionen belegt wurde. Bis 2025 ist dort die Produktion von Fahrzeugen der VW-Gruppe vereinbart. Zuletzt hatte es geheißen, VW überlege, sich an GAZ zu beteiligen.

Der in der Schweiz beheimatete Rohstoffhändler Glencore wiederum hält Anteile an Rusal und soll überlegen, seine Anteile auf die neue Deripaska-Holding EN+ zu übertragen. Glencore, aber auch Toyota und Rio Tinto Alcan gehören zu den größten Kunden von Rusal.

Enge Bande zu Putin

Deripaska hat in Laufe seiner Karriere zahlreiche Vernetzungen zum Kreml und den russischen Behörden. Er trifft sich regelmäßig mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, er hat groß in die Infrastruktur für die Winterspiele in Sotchi investiert und hat selber gesagt, seine Interessen seien nicht von den staatlichen Interessen zu trennen.

Die Mutter von Deripaskas Kindern, Polina, ist die Tochter von Walentin Yumaschew, der Stabschef des früheren russischen Präsidenten Boris Jelzin war. Yumaschew heiratete später Jeltsins Tochter, Tatjana Borissowna Yumaschewa – die laut Medienberichten die österreichische Staatsbürgerschaft erhielt. Jelzin wiederum ebnete Putin den Weg zur Macht.

Auch Geschäfte mit Manafort

Deripaska machte in den 2000er Jahren auch Geschäfte mit Paul Manafort, der später Wahlkampfleiter von Donald Trump wurde. Zu der Zeit, als er mit Deripaska Geschäfte machte, war der Republikaner Manafort Berater von Viktor Janukowitsch, der pro-russische Präsidentschaftskandidat in der Ukraine, der 2010 die Wahl gewann. Janukowitsch hat allerdings erst vor einem Monat dementiert, jemals persönlich Kontakt mit Manafort gehabt zu haben.

Manafort war im Juni 2016 zu Trumps Wahlkampfleiter ernannt worden. Zwei Monate später musste er den Posten wieder abgeben, nachdem Vorwürfe laut geworden waren, er habe mehr als zwölf Millionen Dollar von der Partei Janukowitschs erhalten.

Eine Deripaska-Firma mit Sitz in Zypern, Surf Horizon Limited, hat Manafort und seinen Berater Rick Gates im Jänner in New York geklagt und ihnen vorgeworfen, über 18,9 Mio. Dollar veruntreut zu haben, die für Geschäfte in der Ukraine gedacht waren. Der Fall geht auf Geschäftsbeziehungen aus dem Jahr 2006 zurück, als Manafort und Gates Deripaska überzeugten, in einen Fonds zu investieren, der vor allem in Russland und der Ukraine investieren sollte. Manaforts Rechtsvertreter Jeffrey Eilender sagte Reuters am Freitag, er glaube, dass nach Verhängung der Sanktionen die Fortführung des Falles sinnlos wäre, denn Deripaska könne kein Geld oder andere Vermögenswerte mehr aus den USA ausführen. (Reuters, red, 7.4.2018)