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Cryan gibt sich vor seiner möglichen Ablöse kämpferisch.

Foto: Reuters / Ralph Orlowski

Frankfurt – Der Aufsichtsrat der Deutschen Bank berät laut Finanzkreisen am Sonntag über die Zukunft von Konzernchef John Cryan. Aufsichtsratschef Paul Achleitner habe die Mitglieder des Kontrollgremiums für Sonntagabend zu einem "Update-Call" eingeladen, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag.

Dabei könnten weitreichende Entscheidungen gefällt werden, sagte einer der Insider. Die Deutsche Bank lehnte eine Stellungnahme ab.

Cryan war 2015 als Nachfolger von Anshu Jain angetreten, um die Deutsche Bank aus der Krise zu steuern. In den vergangenen Monaten hat der 57-jährige Brite bei seinem Sanierungskurs aber mehrere Rückschläge erlitten. 2017 meldete die Deutsche Bank vor allem wegen der US-Steuerreform das dritte Verlustjahr in Folge. Doch auch das operative Geschäft im Anleihehandel und im Investmentbanking läuft nach wie vor alles andere als rund.

Cryan möchte an Bord bleiben

Vor zwei Wochen sickerte durch, dass Aufsichtsratschef Achleitner bereits mit der Suche nach einem Nachfolger für Cryan begonnen hat. Von Achleitner war dazu nichts zu hören – im Gegensatz zu Cryan, der erklärte, an Bord bleiben zu wollen. "Ich möchte Ihnen versichern, dass ich mich weiterhin mit all meiner Kraft für die Bank einsetze und gemeinsam mit Ihnen den Weg weiter gehen möchte, den wir vor rund drei Jahren angetreten haben", schrieb Cryan, dessen Vertrag noch bis zum Jahr 2020 läuft, kurz vor Ostern an die Mitarbeiter.

Der Druck auf Achleitner ist groß, in der Führungsdebatte bald für Klarheit zu sorgen. "Er wird schnell handeln", sagte ein Großaktionär, der in den vergangenen Tagen mit dem Österreicher zusammentraf. Auch auf andere mächtige Investoren ist der ehemalige Goldman-Sachs-Banker Finanzkreisen zufolge zugegangen. Einige Großaktionäre hatten scharfe Kritik an Achleitner geübt, weil nichts von ihm zu hören war. Zudem trage er eine Mitverantwortung für strategische Fehlentscheidungen, weil er bereits seit 2012 an der Spitze des Deutsche-Bank-Aufsichtsrats steht. Dennoch werde es unter den Aktionären wohl keine Mehrheit für eine Ablösung von Achleitner geben, der erst im vergangenen Jahr für fünf Jahre wiedergewählt wurde, sagt auch einer seiner Kritiker.

Mehrere starke Kandidaten

Weiterhin unklar ist, wer Cryan folgen könnte. "Es gibt mehrere starke externe Kandidaten", sagte einer der Insider ohne Namen zu verraten. In den vergangenen Wochen wurden in Medienberichten der Europa-Statthalter von Goldman Sachs, Richard Gnodde, der Chef der italienischen Großbank Unicredit,Jean Pierre Mustier, und der Chef des britischen Finanzhauses Standard Chartered, Bill Winters, genannt, die jedoch alle ablehnten. Auch der Österreicher Christian Meissner, der für die Bank of America arbeitet, und Matt Zames, ein ehemaliger Top-Manager von JP Morgan, wurden ins Spiel gebracht. Auch sie hätten abgewunken.

An einer internen Nachfolgelösung hatten einige der Großaktionäre zuletzt immer wieder Zweifel verlauten lassen. Das von Achleitner hinter Cryan in Stellung gebrachte Duo aus dem Ex-Goldman-Sachs-Mann Marcus Schenck, dem Chef des Investmentbankings, und Christian Sewing, dem Leiter der Privatkundensparte, sei noch nicht reif für den Chefsessel. Finanzchef James von Moltke hat sich mit seinen Aussagen bei einer Bankenkonferenz vor einigen Wochen, die den Aktienkurs abstürzen ließen, keine Freunde gemacht.

Neue Strategien offen

Wer immer Cryan auf dem Schleudersitz in den Frankfurter Doppeltürmen folgt, muss auch die Frage beantworten, mit welcher Strategie die Bank wieder Boden gut macht. Während sich einige Großaktionäre für eine Stärkung des Investmentbankings aussprechen, fordern andere Einschnitte. Solange der ehemalige Goldman-Sachs-Banker Achleitner an der Spitze des Aufsichtsrats steht, werde die Deutsche Bank aber wohl auch in Zukunft eine wichtige Rolle im Investmentbanking spielen wollen, sagten die Investoren. (APA, 7.4.2018)