Sieben Monate sind es noch bis zu den Kongresswahlen in den USA, doch schon jetzt zeichnet sich ein klarer Trend ab: Noch nie sind bei jener Abstimmung, die über die Zusammensetzung von Senat und Repräsentantenhaus entscheidet, so viele Frauen angetreten wie in diesem Jahr. Ihre Zahl dürfte noch steigen, da in mehr als der Hälfte der Bundesstaaten die Liste der Kandidatinnen und Kandidaten noch gar nicht feststeht.
Seitdem der Bundesstaat Virginia die Namen publikgemacht hat, steht fest: 309 Frauen haben nach Recherchen der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) mit Stand Donnerstag vergangener Woche ihre Kandidatur für das Repräsentantenhaus bekanntgegeben – das übertrifft jetzt schon den bisherigen Rekord von 298 Kandidatinnen im Jahr 2012. Im Senat sind es bis dato 29 Frauen. Hier beläuft sich der Rekord, der ebenfalls noch eingeholt werden könnte, bei 40 (Jahr 2016).
Das Gros der Kandidaten bleibt dennoch männlich. Bei den Kongresswahlen am 6. November stehen alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus und ein Drittel der 100 Sitze im Senat zur Wahl. Frauen machen etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung der Vereinigten Staaten aus. Im amerikanischen Parlament wie in den allermeisten westlichen Pendants auch spiegelt sich dieses Verhältnis allerdings nicht wider: Vier von fünf Posten im Repräsentantenhaus, einer der beiden Kammern, werden von Männern gestellt. Im Senat sind es 22 Frauen, also 22 Prozent der Senatsabgeordneten. Von diesen insgesamt 105 Frauen, die im Kapitol, dem Sitz der Legislative sitzen, sind 78 Demokratinnen und 27 Republikanerinnen.
Bei den diesjährigen Gouverneurswahlen in 34 Bundesstaaten treten laut dem Center for American Women and Politics am Eagleton Institute of Politics der Universität Rutgers-New Brunswick in New Jersey 76 Frauen an. Hier lag der bisherige Rekord aus dem Jahr 1994 bei 34.
Hoffnung auf mehr Einfluss
In beiden Kammern haben derzeit die Republikaner die Mehrheit. Traditionell verliert stets die Partei des Präsidenten bei den Midterm Elections, den Wahlen in der Mitte der vierjährigen Amtszeit des Präsidenten. Tatsächlich sagen Umfragen den oppositionellen Demokraten gute Chancen voraus, zumindest im Repräsentantenhaus die Verhältnisse zu drehen. Für eine Mehrheit im Repräsentantenhaus müssen die Demokraten zwei Dutzend Sitze dazugewinnen. Im Senat wird es noch schwieriger: Dort stellen die Demokraten aktuell in 24 der 34 Bundesstaaten, in denen abgestimmt wird, den Senator. Sie müssen also alle Sitze verteidigen und darüber hinaus den Republikanern mindestens zwei abjagen.
Über die vielen Frauen, die ins Rennen gehen, lässt sich sagen: Die meisten treten für die Demokratische Partei an, viele von ihnen als Quereinsteigerinnen. Das wachsende politische Interesse in der weiblichen Bevölkerung hat viele Gründe. Es wurzelt aber zu einem auffallend großen Teil im Protest gegen die als frauenfeindlich wahrgenommene Haltung von Präsident Donald Trump und seiner Regierung, in der #MeToo-Debatte, die der Frauenbewegung neuen Schwung verliehen hat und die Hoffnungen geschürt hat, mit mehr Frauen in Washington die Frauen in ganz Amerika besser repräsentieren zu können.
Das spiegelt sich auch in den Themen wider: In Kampagnen werden stillende Mütter gezeigt, es wird sexueller Missbrauch thematisiert sowie Unterdrückung von Frauen, man konzentriert sich auf die Gesundheitsversorgung, auf Bildung und frühkindliche Entwicklung.
In manchen Wahlbezirken kämpfen gleich mehrere Frauen um eine Kandidatur: In Texas haben sich Anfang März für die Vorwahlen mehr als 50 Frauen registrieren lassen. Die Hälfte von ihnen hat entweder gewonnen oder einen zweiten Wahlgang erreicht. So haben nun auch mit Veronica Escobar aus El Paso und Sylvia Garcia aus Houston erstmals zwei Latinas aus Texas gute Chancen, in den Kongress zu ziehen. (Anna Giulia Fink, 11.4.2018)