Luxemburg – Einer Türkin, die nach einer falsch diagnostizierten Zwillingsschwangerschaft nur ein Kind zur Welt brachte, steht Entschädigung zu. Das urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am Dienstag in Straßburg. Die Türkei muss der Frau nun 5.000 Euro zahlen.

Die Aufklärung des Falles habe zu lange gedauert, hieß es in der Urteilsbegründung. Damit sei auf prozessualer Ebene das Recht der Frau auf Achtung des Familienlebens verletzt worden.

Anders als gedacht

Bei der Klägerin wurde im Jahr 1997 in drei türkischen Krankenhäusern eine Schwangerschaft mit Zwillingen festgestellt. Bei der Kaiserschnittgeburt kam jedoch nur ein Kind zur Welt. Die Frau klagte das Personal der Geburtsklinik wegen angeblicher Entführung des zweiten Zwillings. Das Strafverfahren wurde jedoch eingestellt.

Erst 2010 bekam die Frau über den Weg des Verwaltungsrechts eine Entschädigung von 2.575 Euro – wegen der Diagnosefehler, die das Klinikpersonal unter anderem mit dem Übergewicht der Frau erklärte.

Zwar hält das Straßburger Gericht den Verdacht einer Kindesentführung für ungerechtfertigt. Die Richter betonen aber, dass die Verfahrensdauer von fast zwölf Jahren nicht angemessen sei. Gerade bei möglichen Behandlungsfehlern sei eine schnelle Aufklärung wichtig für die Sicherheit der Patienten. (APA, 10.4.2018)