Bei Morbus Parkinson kommt es zu pathologischen Eiweißablagerungen in den Nervenzellen des Gehirns, aber auch im Nervenssystem des Darms, der Haut oder der Speicheldrüsen sind sie zu finden.

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Wien – Eine breite Palette von Behandlungsoptionen macht es heute möglich, die Symptome einer Parkinson-Erkrankung zu lindern. Betroffene sollten möglichst früh im Krankheitsverlauf den Rat eines Spezialisten suchen, heißt es vonseiten der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie und die Österreichische Parkinsongesellschaft anlässlich des Welt-Parkinson-Tages, der jährlich am 11. April stattfindet. Derzeit ist die Situation allerdings so, dass die Diagnose meist sehr spät erfolgt. In der Regel sind Patienten schon seit mindestens zehn Jahren krank – und damit viele Nervenzellen unwiederbringlich verloren.

Vor mehr als 200 Jahren beschrieb der britischen Arzt James Parkinson erstmals die Krankheit. Damals bezeichnete er das neurologische Leiden als "Schüttellähmung" (Paralysis agitans). "Wir haben zwar nach wie vor keinen Behandlungsansatz, um die Parkinson-Erkrankung zu stoppen oder gar umzukehren, aber wir verfügen über eine breite Palette von therapeutischen Optionen, mit deren Hilfe wir die motorischen und nichtmotorischen Krankheitssymptome in unterschiedlichen Stadien gut kontrollieren können," sagt Eduard Auff, Präsident der Österreichischen Parkinson Gesellschaft.

"Das reicht von zahlreichen sehr effektiven Medikamenten, die über unterschiedliche Wirkmechanismen an den Symptomen ansetzen, bis hin zu mehreren invasiven Verfahren wie der Tiefen Hirnstimulation und dem Einsatz von Computer-gesteuerten Pumpen, die Apomorphin subkutan oder L-Dopa kontinuierlich über eine PEG-Sonde durch die Bauchhaut in den Dünndarm liefern", ergänzt der Neurologe. Würden all diese Möglichkeiten optimal und im Sinne einer individuell angepassten Therapie genutzt, könne ein sehr großer Teil der Betroffenen durch die effektive Kontrolle der Symptome über einen langen Zeitraum ein weitgehend autonomes Leben führen.

Eiweißsubstanz spielt zentrale Rolle

Morbus Parkinson gehört mit Morbus Alzheimer zu den häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen und betrifft rund zwei Prozent der Bevölkerung über 65 Jahren. In Österreich gibt es derzeit mehr als 20.000 Parkinson-Patienten, in Europa rund 1,2 Millionen – Tendenz steigend. Unter Experten besteht durchaus Hoffnung, dass in Zukunft neue Therapien nicht nur an Symptomen, sondern an den Krankheitsursachen selbst ansetzen könnten.

"Eine wesentliche Rolle in der Entstehung von Morbus Parkinson kommt dem Alpha-Synuclein zu, einer Eiweißsubstanz, die grundsätzlich auch bei gesunden Menschen vorkommt. Bei Parkinson-Patienten ist sie aber in fehlerhafter Weise gefaltet und in viel größeren Mengen vorhanden", erklärt Auff. Diese pathologischen Eiweißablagerungen finden sich nicht nur in Nervenzellen des Gehirns, sondern beispielsweise auch des Darms, der Haut oder der Speicheldrüsen. Erkrankte Nervenzellen können dann diese krankhaften Veränderungen im ganzen Nervensystem verbreiten.

Immer mehr Wissen gibt es auch über die sehr frühen Phasen von Morbus Parkinson, in denen die Erkrankung weitgehend "stumm" verläuft, bevor typische Bewegungssymptome wie Zittern oder langsame und steife Bewegungen auftreten. In dieser Phase sterben jedoch bereits zahlreiche Nervenzellen ab. Zum Beispiel ist belegt, dass Traum-Schlaf-Verhaltensstörungen, bei denen aggressive Träume von unkontrollierten, massiven Bewegungen begleitet sind, schon viele Jahre vor Beginn der typischen neurologischen Symptome einer Parkinsonerkrankung auftreten können.

Arbeiten trotz Erkrankung

Mögliche Früherkennungsinstrumente sind unter anderem Haut- und Darmbiopsien oder verschiedene Verfahren des Neuroimaging wie PET (Positronen-Emissions-Tomografie). Ihre Zuverlässigkeit werde derzeit noch genau geprüft. "Mit all diesen Möglichkeiten müssen wir sorgfältig umgehen, denn es ist auch ein ethisches Problem, eine Krankheit in einem frühen Vorläuferstadium zu identifizieren, wenn wir den Betroffenen keine kausale Behandlung anbieten können", sagt Auff.

Morbus Parkinson wird vor allem als eine Erkrankung des höheren Alters gesehen. Tatsächlich sind aber in bis zu zehn Prozent der Fälle jüngere Menschen betroffen, teils von bestimmten erblichen Formen von Parkinson. Inzwischen wurden verschiedene Genorte und Gene identifiziert, die an diesen speziellen Formen beteiligt sind. "In dieser Patientengruppe müssen wir besondere Bedürfnisse wie den Wunsch, weiter am Arbeitsleben teilzunehmen oder familiäre Aufgaben erfüllen zu können, in der Therapieplanung speziell berücksichtigen", wie der Neurologe betont.

Bei Krankheitsverdacht sollte möglichst früh ein Spezialist aufgesucht werden. Auch deshalb, um möglichst rasch eine klare Diagnose zu erhalten. Auff dazu: "Es geht um eine möglichst rasche Abgrenzung zu zahlreichen Parkinson-ähnlichen Erkrankungen. In solchen Fällen sprechen Patienten nicht auf Parkinson-Medikamente an, für eine korrekte Therapie ist also die Unterscheidung entscheidend." (APA, red, 11.4.2018)