In ihren Adern fließt das Blut der Selbstironie (von links): Franz Adrian Wenzl, Klaus Mitter und Helmuth "Lelo" Brossmann von der Band Kreisky. Ab Donnerstag sind sie auf "Blitz"-Tour.

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Wien – Auf dem neuen Album Blitz singen die Mannen von Kreisky über die Veteranen der vertanen Chance. Natürlich ist da bei Frontmann Franz Adrian Wenzl und seinen Chorknaben eine gehörige Portion Koketterie und (Selbst-)Ironie dabei. Denn die 2005 gegründete Wiener Neopostpunkband mit oberösterreichischen Wurzeln gehört zu den Wegbereitern des neuen heimischen Popwunders (Wanda, Bilderbuch).

Jetzt präsentiert das Quartett, bei dem inzwischen der Wohnzimmer-Records-Labelboss Helmuth Brossmann den Bass von Gregor Tischberger übernommen hat, das vor kurzem veröffentlichte fünfte Album Blitz mit Auftritten in vier Landeshauptstädten. Eine Konsenscombo waren Kreisky nie, vielmehr haben Wenzl und Co in guter heimischer Grantlertradition schon immer Kopfnüsse gegen das Wohlfühlsystem ausgeteilt – getreu Johnny Lydons Motto "Wut ist eine Kraft".

Kreisky: "Ein braves Pferd".
Kreisky

Dafür stehen "alte" Songs wie Die dummen Schweine, Die Menschen sind schlecht oder Feinde. Und daran knüpfen die Zornbinkel nach fünfjähriger Pause jetzt mit Blitz an – dazwischen gab es nur eine Liveplatte sowie die Theatermusik zu Sibylle Bergs Text Viel gut essen im Rabenhoftheater. Es gibt auch keinen Grund, weniger wütend zu sein. Musikalisch ist die alte Schroffheit und Lärmseligkeit allerdings zugunsten größerer Eingängigkeit, die schon einmal richtig ruhig tönen kann, gewichen.

Kreisky arbeiten mit Versatzstücken aus der Popgeschichte, trotzdem bleiben die Songs ungeschliffen, roh und voller Störgeräusche. Auch eine andere gute österreichische Tradition, der Hang zu Sprachspielen, wird von Kreisky weiter gepflegt. Das hat Humor und zeigt die Nähe zur deutschen Postpunkoberliga wie den Fehlfarben oder den Goldenen Zitronen.

Kreisky: "Veteranen der vertanen Chance".
Kreisky

Noch mehr lassen sich Kreisky in der Nähe von The Fall respektive den Idiosynkrasien und Wutausbrüchen des kürzlich verstorbenen Frontmanns Mark E. Smith verorten. Mit der Kunst, selbst ein Hipster zu sein – und dennoch genau denen eine verbal aufzulegen. Früher oder später trifft eben auf so ziemlich jeden Menschen der Songtitel Ein Depp des 20. Jahrhunderts zu. (Gerhard Dorfi, 11.4.2018)