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Treue Verbündete: Theresa May mit Donald Trump

Foto: AP/Matt Dunham

London – Die britische Premierministerin Theresa May gerät unter wachsenden innenpolitischen Druck, sich an einem internationalen Militärschlag gegen das syrische Regime zu beteiligen. Westliche Untätigkeit werde den Einsatz von Chemiewaffen im Krieg legitimieren, argumentierte der konservative Ex-Außenminister William Hague. Mays Labour-Vorgänger Tony Blair riet dazu, einen etwaigen US-Einsatz zu unterstützen: "Wir sollten uns beteiligen." Am Dienstag telefonierte die Regierungschefin mit US-Präsident Donald Trump, um das weitere Vorgehen abzusprechen.

In den britischen Medien herrscht helle Aufregung darüber, dass May erst rund 48 Stunden nach dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron mit Washington spricht. Paris könnte zu Amerikas neuem wichtigsten Verbündeten in Europa werden, spekulierte die BBC. The Times verwies auf Quellen im Regierungsviertel Whitehall, wonach Macron seinen US-Kollegen zu hartem Vorgehen gegen Syrien "angestachelt" habe.

Grossbritannien unterhält enge Beziehungen zu einer Reihe arabischer Staaten. Erst kürzlich weilte Saudi-Arabiens Kronprinz zu einem offiziellen Besuch in London. Zu Washington besteht eine "besondere Beziehung" (special relationship), die allerdings seit Jahren in Frage gestellt wird. Dass Frankreich als frühere Kolonialmacht Syriens ein besonderes Interesse an der Levante haben könnte, wird auf der Insel hingegen nicht einmal erwähnt.

London beteiligte sich an Gaddafi-Sturz

Der seit 2011 währende Bürgerkrieg in Syrien hat die Londoner Außenpolitik bereits mehrfach in schwere Krisen gestürzt. Die im gleichen Jahr an Frankreichs Seite unternommene Intervention in Libyen beruhte noch auf breiter Zustimmung des Parlaments. Dass der Sturz von Muamar al-Gaddafi das nordafrikanische Land in tiefes Chaos stürzte, diente aber zwei Jahre später vielen Abgeordneten als mahnendes Beispiel.

Im August 2013 setzte Syriens Präsident Baschar al-Assad erstmals Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung ein; dennoch verweigerte das eigens aus dem Urlaub zurückgeholte Unterhaus dem damaligen Tory-Premier David Cameron und dessen Außenminister William Hague mit knapper Mehrheit die Gefolgschaft für eine militärische Strafaktion. Im Gefolge der britischen Abstimmung nahm auch Trumps Vorgänger Barack Obama von Militärschlägen Abstand, die er zuvor bei Überschreiten der "roten Linie" eines Chemiewaffen-Einsatzes angekündigt hatte.

Britische Luftangriffe gegen IS-Jihadisten

Im Dezember 2015 hingegen stimmte das britische Parlament Luftschlägen gegen die Terrortruppe IS/Daesh zu. Dabei wurde die Spaltung der grössten Oppositionspartei Labour deutlich, die bis heute besteht: Der pazifistische Vorsitzende Jeremy Corbyn lehnt jeglichen Militäreinsatz ab; auch im jüngsten Fall von Chemiewaffen-Einsatz forderte er lediglich eine Untersuchung des Vorfalles, ohne die syrische Regierung verantwortlich zu machen. Hingegen neigen viele Hinterbänkler wie die Ex-Minister Hilary Benn und Yvette Cooper der Ansicht zu, man müsse internationales Recht gelegentlich auch mit Gewalt durchsetzen.

Geteilter Meinung sind auch einflussreiche Abgeordnete in Mays Tory-Partei. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Julian Lewis, sprach von "bösen Konsequenzen" einer Militäraktion. Hingegen befürworteten die Fraktionskollegen Johnny Mercer und Tom Tugendhat, beides Ex-Soldaten, das westliche Eingreifen. Realistischerweise stehe das Assad-Regime als Täter fest, glaubt Tugendhat, der dem auswärtigen Ausschuss vorsitzt: "Diese Bomben wurden aus der Luft abgeworfen, und nur eine Seite hat eine Luftwaffe."

Für den bisherigen Einsatz gegen IS/Daesh haben die Briten rund 1350 Soldaten abgestellt; Kampfflugzeuge vom Typ Tornado fliegen ihre Einsätze von Stützpunkten in Zypern aus. In der Region befinden sich auch rund 1700 französische Soldaten. Dazu gehört eine Staffel von Rafale-Kampfjets, die von Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten aus operiert. (Sebastian Borger aus London, 10.4.2018)