Plagen sich auf der stilisierten Pop-Art-Bühne (Annette Hachmann) des Wiener Volkstheaters mit Komödiendienst nach Vorschrift: Thomas Frank, Birgit Stöger und Stefan Suske (v. li.).

Foto: Lupi Spuma

Wien – Der schwärzeste aller Schwänke heißt Komödie im Dunkeln und spielt standesgemäß in der absoluten Finsternis. Nur uns, den Zuschauern, geht scheinwerferhell das Licht auf. Man schreibt 1965, und in einem todschicken Loft in Londoner Bestlage stellt ein Kurzschluss die Hell-Dunkel-Verhältnisse auf den Kopf.

Im Wiener Volkstheater ist Peter Shaffers weltberühmte Komödie, ein Auftragswerk für Sir Laurence Olivier und das National Theatre, wenigstens ganz am Anfang zum Totlachen. Eine junge, aufstrebende Beatband aus Liverpool, The Beatles, hat gerade den unwiderstehlichen Kracher A Hard Day's Night gespielt. Der bettelarme Künstler Brindsley (Thomas Frank) bittet seine Verlobte Carol (Nadine Quittner) in die gute, zu diesem Zeitpunkt (noch) finstere Stube. Es ist darum alles schwarz, weil das Licht an ist.

Durch diesen ontologischen Komödiencoup lassen sich tatsächlich die herrlichsten Effekte erzielen. Der Siphon zischt. Die, da Whiskey trinken, sieht man nicht. Das Pärchen bewundert die "Pastelltöne" der Einrichtung, und erst wenn das Licht kollabiert ist, sieht man die ganze Bescherung.

Brindsley hat die Stilmöbel seines Nachbarn, eines schwulen Antiquitätenhändlers, in die eigene Bude geräumt, da er einen russischen Kunsthändler, angeblich den "reichsten Mann der Welt", zum Verkaufsgespräch erwartet. Obendrein ist noch der Schwiegerpapa in spe geladen. Mister Melkett ist ein Colonel a. D. und als solcher ein gefürchteter Zivilisten- und Asozialenfresser.

Immer die Treppe hinunter

Finster ist's, das Licht scheint helle, und das Verhängnis nimmt seinen Lauf. Der massige Komödiant Thomas Frank muss bei vorgetäuschter Blindheit die Eisentreppe hinunterstürzen. Oder er schafft die erlesenen Möbel zurück ins Nachbarkabuff, weil Harold (Sebastian Pass) – eine Schwulenkarikatur aus den finstersten Repressionszeiten des 20. Jahrhunderts – unerwartet aus dem Wochenende zurückkehrt.

Das alles trägt nicht eben zur Erleuchtung bei. Die Inszenierung des ehemaligen Harald-Schmidt-Mitarbeiters Christian Brey besitzt die Musikalität und das zündende Timing einer Betriebskapelle, die in einem Dritte-Welt-Land – vielleicht im Umspannwerk – zum Tanz aufspielt.

Es erscheinen nacheinander: die bigotte Nachbarin mit dem unstillbaren Durst nach Gin (Steffi Krautz). Der gar nicht knorrige, sondern eher betreten dreinblickende Colonel als Carols Vater (Stefan Suske). Brindsleys Ex-Geliebte (Birgit Stöger), die sich an den Handelnden vorbei ins Bett ihres Galans zurückschwindelt.

Sie alle werden zu Schatten, sobald ein Streichholz aufflammt. Nur dass dieses zu früh flackert oder zu spät erlischt. Man sieht plötzlich wieder alles, obwohl es zappenduster sein sollte. Der Dialog rauscht vorüber, und die "Funny Bones" der Figuren werden mammutschwer. Sitzsäcke werden in Fasson geklopft. Oder Brindsley, der massige Kerl mit der Frisur eines emeritierten Mitgliedes der Small Faces, fällt gleich kopfüber auf die Tücke des Objekts hinein. Man möchte eigentlich mit den Fingern schnippen – und staunt grundsätzlich über die Schwerfälligkeit einer Unternehmung, die viel heller tut, als sie ist. (Ronald Pohl, 12.4.2018)