Von der breiten Anwendung im heimischen Handel ist die Blockchain abseits von Kryptowährungen noch weit entfernt. Trotzdem will man seitens des Handelsverbands ganz vorn dabei sein. "Eines der spannendsten Anwendungsfelder ist die Verwendung der Blockchain zur Sicherstellung der Produktqualität im Lebensmittelhandel und in der Zertifizierung", so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

"Jetzt ist die Zeit, innovative Pilotprojekte zu starten, um in Zukunft einen Wettbewerbsvorteil zu haben", präsentierte er am Donnerstag eine neue Studie zum Potenzial von Blockchain für den Handel. Der Einsatz der Technologie stecke hierzulande aber noch in den Kinderschuhen.

Blockchain sorgt für Transparenz

"Der grundsätzliche Mehrwert der Blockchain in der Lieferkette besteht darin, dass ein unveränderbares Verzeichnis aller Aspekte einer Transaktion geschaffen wird – von der Herkunft des Rohstoffs über die Verarbeitung bis zur Verpackungshistorie", geht aus der Studie des Austrian Institute of Technology (AIT) im Auftrag der Wirtschaftsauskunftei CRIF und des Handelsverbandes hervor. Einzelhändler sollen dadurch zum Beispiel die Rückverfolgbarkeit in der Lieferkette gewährleisten können.

Momentan versucht etwa der US-Handelsriese Walmart mittels Blockchain, vor allem in China, die Lebensmittelsicherheit zu verbessern. Schon breiter eingesetzt wird die Technologie im Handel mit Diamanten. Über eine Million Steine seien bereits auf Everledger, einer Plattform für die fälschungssichere Identifikation und Rückverfolgbarkeit von Diamanten, registriert, so Will. Dadurch soll das Geschäft mit gestohlenen Juwelen oder jenen aus Kriegsgebieten unterbunden werden.

Infrastruktur fehlt

Auch Landwirte könnten dadurch gestärkt werden, glaubt Will. Sie sollen nach der Ernte nicht nur angeben können, was sie anbieten, sondern auch zu welchen Bedingungen. So könnten etwa Kaffeebauern für bessere Qualität höhere Preise erzielen. Produzenten könnten auch leichter neue Märkte erschließen und bessere Konditionen bei Versicherungen und Krediten bekommen. Allerdings mangelt es in vielen Gebieten, in denen der Einsatz der Technologie interessant wäre, an der notwendigen Infrastruktur.

Positiv sei, dass mittels Blockchain allgemeingültige Standards geschaffen und Transaktionen in Echtzeit abgewickelt werden können. Sie sei zudem unabhängig von einer zentralen IT-Struktur, auch die Prozesskosten wären deutlich niedriger, so Will. Allerdings: Die Eingabe falscher Informationen kann dadurch nicht verhindert werden. "Das Vertrauensproblem wird die Blockchain nicht lösen", meint Studienautor Ross King vom AIT.

Zukunftschance Smart Contracts

Sogenannte Smart Contracts, das sind standardisierte Verträge mit bestimmten Auslösungsmechanismen, seien heute noch nicht brauchbar. Sie könnten das Wirtschaftsgeschehen künftig aber beschleunigen, wenn zum Beispiel das Eintreffen einer Ware automatisch weitere Verarbeitungsschritte auslöst. "Die technologischen Einsatzmöglichkeiten sind vielseitig, der rechtliche Rahmen für Smart Contracts ist jedoch noch nicht geklärt", so King. Problematisch ist in diesem Hinblick unter anderem das "Recht auf Vergessenwerden" im Rahmen der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

"Um das volle Potenzial der Blockchain und möglicher Folgetechnologien, die wie Hashgraph oder IOTA ohne Verkettung von Blöcken funktionieren, ausschöpfen zu können, braucht es für Unternehmen vor allem Steuer- und Rechtssicherheit", betonte Will. (APA, 12.04.2018)